Lobbyist der Kinder - Kinderarzt mit Haltung

Wenn es um die Gesundheit von Kindern geht, ist er der erste Ansprechpartner, auch für die Bundesregierung: Dr. Thomas Fischbach (64), Kinder- und Jugendarzt in Solingen. Und seit acht Jahren Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte BVKJ e. V..

Name:

Thomas Fischbach

Beruf:

Pädiater / Facharzt für Kinderheilkunde und Jugendmedizin

Im Bergischen seit:

meiner Geburt in Solingen 1959

Wie kam es dazu, dass Sie nicht nur Arzt, sondern zusätzlich auch noch Lobbyist für Ihre jungen Patienten und Patientinnen wurden?

Ich war immer ein politisch interessierter Mensch, habe mich zunächst unter anderem bei der Jungen Union in Solingen engagiert, später auch in kommunalen Ausschüssen. Dann kamen Aufgaben auf Landes- und Bundesebene hinzu, schließlich die Position als Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte BVKJ e. V. sowie die Mitgliedschaft im Nationalen Rat gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen. Ich war immer und bin nach wie vor der Meinung: Nur, wer handelt, kann auch Dinge bewegen. Wir alle haben es selbst in der Hand, uns zu engagieren.

Das klingt nach Doppel- und Dreifachbelastung, Mitte September konnte man Sie zusammen mit Professor Lauterbach bei einem Treffen des Ministeriums mit Vertreterinnen und Vertretern von Ärzten, Apotheken und Pharmabranche erleben …

Ja, es wird nicht langweilig. Wobei ich mich nun im November tatsächlich von den Aufgaben als Präsident des BVKJ entbinden lasse und den Fokus wieder auf meine Gemeinschaftspraxis verlagern werde. Mittelfristig hoffe ich, dass eine meiner Töchter, insgesamt haben wir drei erwachsene Kinder, in die Praxis mit einsteigt, aber das ist noch Zukunftsmusik.

Vor allem während der Pandemie waren Sie in den Medien omnipräsent, haben schon im März 2020 davor gewarnt, dass die Kinder die großen Verlierer der Pandemie sein könnten.

Wenn man eine wichtige Botschaft rausschicken möchte, braucht man diese große Reichweite, insofern war ich immer froh über die Anfragen. Irgendwann hatte ich mich auch daran gewöhnt, mich selbst abends in den Hauptnachrichten zu sehen. Unser Eindruck war damals: Alles war wichtiger als die Kinder. Also haben wir uns verpflichtet gesehen, als Gewerkschaft, neben den eigenen Interessen auch die unserer Patienten und Patientinnen zu vertreten.

Was sind die größten Herausforderungen, mit denen sich Kinderärzte aktuell konfrontiert sehen?

Zum einen sind es immer noch die Folgen der Corona-Lockdowns. Nicht wenige Kinder und Jugendliche leiden nach wie vor psychisch darunter, da gibt es vielfältige Auswirkungen, unter anderem Angststörungen und Magersucht. Zum anderen haben viele noch nicht wieder in ihren Rhythmus von ‚vor Corona‘ zurückgefunden, in Sportvereine und Co. Viele haben zugenommen, haben viel weniger Bewegung, das ist eine Herausforderung für uns als Gesellschaft. Andererseits erwarten wir nach wie vor eine Zuspitzung der Situation, was die Verfügbarkeit von Medikamenten angeht. Da haben wir den Status eines Entwicklungslandes erreicht, das ist wirklich nicht banal.

Ein Versagen von Politik und auch Wirtschaft?

Auf jeden Fall ist es eine Folge der Globalisierung, auf die wir nicht schnell genug reagiert haben. Wichtig war unter anderem immer die Beitragsstabilität. Als eine Folge davon hat die Pharmaindustrie Deutschland den Rücken zugedreht. Da müssen wir dringend gegensteuern. Und selbstverständlich sind da Unternehmer und Unternehmerinnen gefragt, eine Trendwende mitzugestalten.

Welche Verantwortung sehen Sie bei der Wirtschaft?

Wir haben unter anderem einen massiven Mangel an Betreuungsmöglichkeiten für Kinder. Da können Unternehmer und Unternehmerinnen von größeren Firmen doch reinspringen und auch noch was fürs Employer Branding tun. Mir ist klar, dass wir auch da einen Mangel an Fachkräften haben, aber da müssen wir kreativer werden, was Aus- und Fortbildung betrifft. Aber es geht ja, siehe etwa die Kita „Twinny Land“ für Kinder von Mitarbeitenden der Zwilling Group in Solingen. Davon würde ich mir noch mehr wünschen.

Was gefällt Ihnen besonders am Bergischen?

Vermutlich nicht wirklich überraschend: das viele Grün. Aber das ist ja einfach das Herausragende: dass die meisten, die im Städtedreieck leben, gleichzeitig urban und ländlich wohnen. Und das lädt ein zu Spaziergängen oder Radtouren. Mit unseren E-Bikes unternehmen meine Frau und ich wirklich gern Touren, starten am liebsten direkt vor der Haustür, etwa Richtung Lochbachtal.

Ihr Geheimtipp im Bergischen?

Die grünen Oasen wie das Lochbachtal. Aber auch die Radtrassen sind ein echtes Highlight. Mir hat es vor allem die Sambatrasse angetan, da hat man auch immer wieder schöne Ausblicke.

Das Gespräch führte Liane Rapp.

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