Input von Studierenden - Ideen für mehr Kooperation

Jochen Stiebel, Geschäftsführer der Neuen Effizienz, stellt zwei neue Projekte vor – sie sollen Unternehmen unkompliziert dabei helfen, Nachwuchskräfte kennenzulernen.

Was war Ihr Ansatzpunkt für die beiden neuen Projekte?

Wir haben mit der Uni Wuppertal zusammen neue Wege gesucht, wie wir die Studierenden aus der Region deutlich näher an die Unternehmen heranführen können. Wir wollen Studierende – nicht nur aus Ingenieursstudiengängen – dafür begeistern, ihre Masterarbeit in Unternehmen zu schreiben. Unternehmen sollen Fachkräfte, die in der Region verankert sind, von sich überzeugen.

Wie funktioniert das Projekt Bergisch kooperativ?

Bei Bergisch kooperativ stellen Unternehmen eine Frage, die sie beschäftigt und für die sie im Alltagsgeschäft oft keine Zeit haben. Wir finden dann über unsere Lehrstuhlkontakte Studieren-de, die mit ihrem Studienfach zu der Fragestellung passen und Lust haben, darüber ihre Mas-terarbeit zu schreiben. Dann unterschreiben beide eine Kooperationsvereinbarung – es gibt also keine feste Bindung, keinen Vertrag. Das begleitende Mentoringprogramm besteht aus vier Bausteinen: Einmal im Monat gibt es ein Acht-Augen-Gespräch mit Studierenden, Unternehmensvertretern, Uni-Betreuern und der per-sönlichen Ansprechperson von der Neuen Effizienz. Da wird besprochen: Wo stehen wir, ist die Frage getroffen? Je nach Bedarf gibt es zusätzlich ein persönliches Coaching für die Studieren-den bei praktischen Fragestellungen sowie Betreuung für die Unternehmen. Beim monatlichen Stammtisch können sich Unternehmensvertreter und Studierende aller Projektbeteiligten zwanglos treffen.

Was müssen Unternehmen für das Projekt bezahlen?

Die Studierenden bekommen von uns 500 Euro als Prämie für ihre Arbeit. Die Unternehmen können nach drei bis sechs Monaten entscheiden: Wenn sie das Gefühl haben, dass ihnen die Arbeit nichts gebracht hat, zahlen sie auch nichts. Sind sie einigermaßen zufrieden, zahlen sie die 500 Euro. Wenn sie sagen: Das war echt gut, dann zahlen sie 500 Euro plus eine Prämie. Stellen sie die Studierenden anschließend ein, bekommt die Neue Effizienz zusätzlich ein Mo-natsgehalt. Dadurch hoffen wir, dass sich das Projekt langfristig selbst trägt.

Mitarbeitende der Neuen Effizienz coachen dabei die Studierenden und vermitteln bei möglichen Problemen. Warum ist diese Begleitung nötig?

Studierende und Unternehmen sprechen nicht zwangsläufig die gleiche Sprache. Und die Unter-nehmen haben keine Zeit, alles ausführlich zu erklären. Deshalb sind wir eine Art Übersetzer. Damit entlasten wir auch die Lehrstühle – sie müssen in der Betreuung auf die wissenschaftliche Qualität achten, nicht auf die Umsetzbarkeit. Mit dem Mentoringprogramm wollen wir da-für sorgen, dass die Arbeit auch anwendbar wird.

Was für „Fälle“ können Sie sich dabei vorstellen?

Für uns sind besonders kaufmännische Fragen aus Organisation, Vertrieb, Einkauf oder Perso-nalmanagement interessant, weil in dem Bereich wenig Masterarbeiten in Unternehmen ge-schrieben werden. Mögliche Fragestellungen sind: Wie kann ich eine Logistik organisieren, wenn ich Teile zurückholen muss? Wie verbessere ich den Mobilitätsmix für den Arbeitsweg meiner Mitarbeitenden? Was muss ich tun, um eine ISO-Norm zu erfüllen? Wie weise ich meinen Kun-den nach, dass ich nachhaltig bin? Eigentlich sind alle Fragen möglich, wenn sie nicht zu weit gefasst sind. Allerdings dürfen die Unternehmen nicht erwarten, dass eine Beratungsleistung wie bei McKinsey herauskommt, sondern es ist ein Einblick in ein neues Thema, eine Abschät-zung.

Was ist das andere Projekt, Circular Insights?

Studierende und Berufseinsteiger entwickeln gemeinsam drei Tage lang kreative Lösungen für eine Circular Economy. Dabei arbeiten die Teams an verschiedenen Cases, die von Unternehmen gestellt werden. Bei den letzten Veranstaltungen haben daran zwischen 50 und 130 Menschen teilgenommen – so erhalten die Unternehmen tolle Impulse. Und es ist auch ein sehr schönes Recruiting-System: Die HR-Verantwortlichen sehen, wie die jungen Leute arbeiten, wie sie in der Gruppe agieren, wie sie präsentieren. Am Ende können sie gezielt Personen ansprechen.

Was für einen Anreiz gibt es für Studierende und Absolventen, dafür drei Tage zu opfern?

Die Bereitschaft ist groß. In den vergangenen Jahren sind Teilnehmende aus ganz Deutschland angereist, aber auch aus der Schweiz, Dänemark und Holland. Aus ganz unterschiedlichen Fachrichtungen. Teilweise haben die Leute drei Tage Urlaub genommen, weil sie das interessiert hat. Es ist für sie spannend, so eine Wirksamkeit zu erzeugen. Unsere Idee war es, eine Art Hackathon für Nachhaltigkeit zu schaffen.

Lassen sich in diesem Rahmen überhaupt tragfähige Lösungen finden?

Ob sie tragfähig sind, können wir nicht beeinflussen. Letztes Jahr war ein Case, dass produktionsbedingt immer mehrere Meter Kunststoffschlauch höchster Qualität übrig sind. Dafür wurden Ideen gesucht. Eine davon war, daraus Dichtungsringe auszustanzen. Denn das Material ist auch für die Automobilindustrie zertifiziert, so dass keine neue Produktzulassung nötig ist. Oder für einen Hersteller von Saftschorlen wurden nachhaltige Etiketten entworfen. Zukünftig können wir die teilnehmenden Unternehmen bei diesen Fragen weiter begleiten, diese Ideen dann in tragfähige Lösungen zu überführen. Eine Verbreiterung und Vertiefung von Sortimenten kann man nur erreichen, wenn man neue Ideen hat, an die man vorher nicht gedacht hat.

Wie kommen Sie an die Fragestellungen?

Wir machen ganz viel Akquise bei den Unternehmen, haben beide Formate bei der Bergischen Expo vorgestellt und gehen auf unsere Kontakte zu. Auch über Bergisch Metall haben wir viele Kontakte. Wir haben jetzt für drei Jahre eine Förderung und hoffen, dass sich das anschließend selbst trägt und die Unternehmen für die Ergebnisse etwas zahlen.

Planen Sie weitere Formate für die Zukunft?

Bisher haben wir insbesondere Projekte für Akademiker. Jetzt versuchen wir, Nachhaltigkeitskompetenz in Ausbildungsberufe zu bringen – übrigens auch wieder gemeinsam mit bereits etablierten Akteuren aus der Region wie dem BZI oder Berufsschulen. Wir glauben daran, zukünftige Fachkräfte am besten hier in der Region zu finden und diese vor Ort weiterzubilden. So sind unsere Ansätze für HR-Abteilungen immer billiger, aber dafür persönlicher und viel effizienter als irgendwelche Plattformen.

Das Gespräch führte Tanja Heil.

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