Spunk - Bei Pippi im Wohnzimmer
„Spunk“ hat der Wuppertaler Andreas Kluczynski sein etwas anderes Lokal im Quartier Ostersbaum genannt – und damit ein Ambiente kreiert, in dem sich seine Gäste seit fast 30 Jahren wie zu Hause fühlen.
Als Astrid Lindgren in ihrem dritten Pippi-Langstrumpf-Band Ende der 1940er Jahre die junge Protagonistin dem ominösen „Spunk“ nachspüren ließ, rechnete die schwedische Autorin vermutlich nicht mit einer Antwort aus Wuppertal. Und doch: Wer heute nach „Spunk“ sucht, ist dort richtig. Vor 29 Jahren öffnete Andreas Kluczynski im Quartier Ostersbaum an einer prominenten Straßenecke seine Ess-Kneipe und gab ihr den Namen, der seitdem an die kleine rothaarige Kinderbuchheldin erinnert. Für den ehemaligen linksorientierten Autoren des früheren Wuppertaler Magazins „Pippilotta“ und seine Freunde spiegelt das Spunk viele positive Eigenschaften von Pippi Langstrumpf: Toleranz, Großherzigkeit, Gerechtigkeitssinn. Eine gute Portion Abenteuerlust. Lebensfreude.
„Ich möchte den Menschen eine Heimat geben“, sagt Kluczynski, der an bis zu sechs Abenden pro Woche immer noch selbst zwischen Tresen, Küche und Tischen umherläuft und seinen Gästen Getränke inklusive Kaffeespezialitäten sowie Speisen serviert. „Abseits des Mainstreams“, hebt der Gastronom hervor. Mode-Drinks wie Wodka-Red-Bull gibt es nicht im Spunk, der Großteil der Kundschaft, etwa zur Hälfte aus der unmittelbaren Umgebung und zur Hälfte von weiter her, bestellt am liebsten Pils. „Und unsere Schnitzel gehen ganz gut“, sagt Kluczynski, bescheidener als er sein müsste, denn sein Lokal hat eine große Speisekarte: von Suppen und zahlreichen Salatvariationen über Snacks wie Süßkartoffel-Pommes und hausgemachte Frikadelle bis hin zu einer breiten Auswahl an Burger- und Fleischgerichten, Bratkartoffeln mit Spiegelei, Calamares mit Salat und Aioli. Eine zusätzliche Wochenkarte offeriert unter anderem Saisonales und Veganes. „Wir haben gutes Küchenpersonal“, sagt der Inhaber.
So wenig Worte der Wuppertaler macht, so treffend ist sein Gespür für eine angenehme Atmosphäre. Die hat sich in den fast drei Jahrzehnten bewusst kaum gewandelt. Ein Grund für die hohe Anzahl an Stammkunden, die regelmäßig in „ihrem Wohnzimmer“ zum Karten- oder Dartspielen zusammenkommen. Das Spunk mit seinen 46 Plätzen, der Außenterrasse, den dunkelroten Wänden, goldfarbenen Stuckelementen und dem hölzernen Mobiliar ist ein offener, freundlicher Ort, dem die ausgewählten Memorabilien der Pippi Langstrumpf etwas Freches, gleichzeitig Heimeliges verleihen. Ein eigens kreierter Signature-Longdrink ist nach dem Äffchen „Herr Nilsson“ benannt.
Jede und jeder, unabhängig von Alter und Lebensphase, ist und fühlt sich willkommen. So sehr, dass in der Kneipe seit Langem nebenbei private Feiern ausgerichtet werden. Zudem wird das Podest, auf dem im Alltagsbetrieb ein runder Tisch steht, immer wieder zur Kleinkunst-Bühne, für Konzerte zum Beispiel oder Comedy. Kabarettisten wie Volker Pispers und Piet Klocke performten dort schon. Anstelle von Eintritt und Gage setzt das Spunk-Team auf Hutspenden. Im Frühjahr gab es die erste große öffentliche Queer-Party – angesichts des Erfolgs steht eine Wiederholung in Aussicht. Und auch der erste Auftritt des B7 Improtheaters könnte ob der Resonanz zum regelmäßigen Event werden.
Veranstaltungsorganisation sei schon im Studium Kluczynskis Steckenpferd gewesen, als er in seiner damaligen Funktion als Finanzreferent des Studierendenausschusses Menschen bei Happenings an der Uni Wuppertal zusammenbrachte. Eine eigene Wirtschaft zu eröffnen, war damals ein logischer, dennoch hoch aufregender Folgeschritt gewesen, den der 61-Jährige bis dato nicht bereut. Denn auch heute noch bringt er seine Gäste einander näher und freut sich mit ihnen über schöne Erfahrungen, die sie in seiner Wirtschaft machen. „Mir macht meine Arbeit Spaß. Deshalb will ich ihr noch so lange wie möglich nachgehen.“
Text: Tonia Sorrentino