Kauf durch Mitarbeiter - In neuer Rolle

Andre Scheifers von der IHK, Gründungsberater im hiesigen Startercenter NRW, über den Sprung in die volle Verantwortung.

Herr Scheifers, welche Rolle spielen die eigenen Mitarbeiter bei Überlegungen zur Firmennachfolge?

Wir haben die Antwort auf genau diese Frage einmal im Rahmen einer Unternehmensbefragung ermittelt. Das Ergebnis: Statistisch gesehen hat die familieninterne Nachfolge höchste Priorität. Gerade bei Traditionsbetrieben ist dieser Wunsch verständlich: Die Dynastie soll mit der nächsten Generation fortgeführt werden. Der Verkauf an ein anderes Unternehmen steht laut unserer Umfrage an zweiter Stelle. Und gleich dahinter kommt der Wunsch, dass Mitarbei-ter den Betrieb weiterführen.

Wo liegen die größten Vorteile beim Management-Buy-out oder Employee-Buy-out?

Ein großer Vorteil liegt meiner Ansicht nach auf der Hand: Man kennt sich und vertraut sich in aller Regel auch. Der Verkäufer weiß sein Lebenswerk auch künftig in guten Händen. Durch ein bekanntes Gesicht an der Spitze lässt sich zudem unnötige Unruhe in der Belegschaft vermeiden, die oft mit einem Führungswechsel verbunden ist. Der Vorteil für den Käufer ist, dass er das Unternehmen sehr gut kennt. Er kauft also nicht die Katze im zugebundenen Sack. Mit Kolleginnen und Kollegen ist er ebenso vertraut wie mit den wichtigsten Kunden und Lieferanten.

Wo sehen Sie andererseits die größten Herausforderungen?

Wer von der Rolle des Angestellten auf den Chefsessel wechselt, macht einen gewaltigen Verantwortungssprung. Von jetzt auf gleich gibt es keine Vorgesetzten mehr, man ist allein für sein Handeln und die Folgen verantwortlich. Hinzu kommt das erhöhte Risiko, etwa in Haftungsfragen. Dessen muss man sich bewusst sein. Auch die eigene Familie muss es mittragen, wenn Mutter oder Vater plötzlich ein höheres Arbeitspensum hat. Unternehmerinnen und Unternehmer sind nicht selten auch am späten Abend und am Wochenende gefragt. Wenn eigenes Geld im Unternehmen steckt, ist die Bereitschaft natürlich besonders hoch, Zeit und Herzblut zu investieren.

Wie ist der Wechsel vom Kollegen zum Chef einzuschätzen?

Das ist ebenfalls ein nicht unkritischer Aspekt. Es ist wichtig, die neue Rolle anzunehmen. Das bedeutet natürlich nicht, dass Diskussionen auf Augenhöhe, ein kollegialer Umgangston etc. passé sind. Aber es liegt in der Natur der Sache, dass die Geschäftsführung auch mal Entscheidungen treffen muss, die nicht jedem gefallen. Wer sich nur Freunde machen will, dürfte es extrem schwer haben. Führungsqualitäten zu entwickeln, ist daher eine zentrale Aufgabe für frischgebackene Unternehmer.

Ehe es soweit ist, muss Geld fließen. Nicht selten geht es dabei um Summen, die man nicht in der Portokasse hat. Pauschal gefragt: Wie schwierig sind Übernahme-Finanzierungen?

Das ist natürlich von jedem Einzelfall abhängig. Auf jeden Fall kann man sagen, dass an der Finanzierung immer auch Übernahmen scheitern. Ohne das nötige Eigenkapital von, sagen wir, mindestens 20 Prozent machen Bankgespräche in vielen Fällen gar keinen Sinn. Hinzu kommt die aktuelle Zinssituation. Sie macht nicht nur Häuslebauern in spe das Leben schwer. Weitere Herausforderungen für angehende Unternehmer sind die hohen Energiepreise, die Inflation sowie Auflagen in Sachen Klimaschutz und Nachhaltigkeit.

Was raten Sie Unternehmen, bei denen eine Übernahme durch Mitarbeiter im Raum steht?

Man sollte sich unbedingt beraten lassen. So bieten wir als Bergische IHK zusammen mit der Steuerberaterkammer Düsseldorf regelmäßig Nachfolgegespräche an. Dieses Angebot gilt übrigens auch für andere Nachfolge-Varianten. Es ermöglicht einen neutralen, objektiven Blick auf die Sachlage und gibt Empfehlungen für die weiteren Schritte. Für die interne Diskussion zwischen Verkäufer und potenziellem Käufer ist es zudem ratsam, den Steuerberater des Unternehmens schon früh mit an den Tisch zu holen. Er oder sie kennt die relevanten Zahlen schließlich am besten. Eine Nachfolgeregelung ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Doch im besten Fall lohnen die Mühen und beide Seiten profitieren. Nicht zu vergessen ist der gesellschaftliche Aspekt: Jedes erfolgreiche Unternehmen, das bestehen bleibt, ist ein Gewinn für den Standort.

Das Gespräch führte Daniel Boss

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