automotiveland.nrw - Wissensbrücke nach Fernost

Das Automobilcluster „automotiveland.nrw“ hält seit rund sechs Jahren Kontakt zu Automobilherstellern aus China. Der Erkenntnisgewinn aus dieser Kooperation ist enorm.

Vom 16. bis 25. Oktober waren Vertreter von „automotiveland.nrw“ zusammen mit Delegierten der anderen deutschen Automobilcluster beim 7. Deutsch-Chinesischen Automobilkongress in China zu Gast. Bei den jährlich stattfindenden Automobilkongressen geht es um den Austausch zu aktuellen technologischen Trends. Sowohl staatliche als auch Vertreter aus Unternehmen, Forschungsinstituten, der Wirtschaftspolitik sowie Entwickler beider Länder sind seit 2017 dabei vertreten. Der erste Kongress fand zur Gründung der Kooperation damals in Wuppertal statt. Durch das Format ist es möglich, die aktuellen Entwicklungen in China frühzeitig zu erkennen – insbesondere das hohe Entwicklungstempo innovativer, preisaggressiver Produkte im Bereich der Elektromobilität in China wird durch „automotiveland.nrw“ laufend beobachtet. Denn neben dem Kongress finden zahlreiche Unternehmensbesuche statt. Rund 500 Teilnehmer waren in diesem Jahr dabei. Chinesische Partnerin beim Kongress sowie bei anderen Austauschprogrammen ist die China International Investment Promotion Agency (CIIPA), ein Ableger des Handelsministeriums der Volksrepublik China in Deutschland.

Es war ein dezentrales Kongress-Programm, das gezeigt hat, auf welch hohem Niveau in China derzeit in die Produktion von Elektroautos investiert wird. Erste Station war Changchun im Nordosten Chinas. Die Stadt ist eines der Zentren der chinesischen Automobilindustrie. Beim Kongress ging es um internationale und inländische Strategien der Automobilindustrie und konkret unter anderem um Schlüsselelemente des intelligenten Autos und die Antriebsbatterie. Aufschlussreich war auch ein Delegationsbesuch bei FAW (First Automobile Works) in Changchun. 1953 als erstes Autowerk in China gegründet, gehört das Unternehmen mittlerweile zu den vier größten Automobilunternehmen Chinas. Schwerpunkt heute: Entwicklungen rund um die Elektromobilität der Zukunft.

Eine der nächsten Kongress-Stationen war Jiaxing. Die Stadt liegt inmitten des Yangtze Deltas und ist Heimat des Instituts der Tsinghua University. Das Institut wurde von den chinesischen Provinzen und Universitäten gemeinsam gegründet, um den Transfer wissenschaftlicher Forschung in die Industrie zu beschleunigen. Eine Vielzahl von Start-ups arbeitet hier genau an dieser Schnittstelle, übersetzt das Know-how in Produktinnovationen und sucht sich entsprechende Kooperationspartner. „Es ist interessant zu sehen, wie auf diese Weise zukunftsweisende Innovationen entstehen, nämlich dadurch, dass großflächig Talente ‚eingesammelt‘ und ihre Einfälle zu Produktideen verdichtet werden“, erklärt Stephan A. Vogelskamp, Geschäftsführer von „automotiveland.nrw“. Das Automobilcluster ist einer der Initiatoren des Deutsch-Chinesischen Automobilkongresses. Die aktuellen Aktivitäten und Projektbeteiligungen konnte Stephan A. Vogelskamp auf dem Kongress vorstellen.

Im Rahmen der Konferenz stand auch ein Besuch bei Saic Motor in der Niederlassung in Zhengzhou auf dem Programm. Saic ist der größte chinesische Hersteller von Autos, Motorrädern und Autoteilen. Zahlreiche weitere Unternehmen stellten sich auf einer zusätzlichen Matchmaking-Konferenz vor. In Shanghai bekamen die Vertreter von „automotiveland.nrw“ Einblick in das neue Entwicklungsfeld von Huawei. Der globale Anbieter von Informations- und Kommunikationstechnologie ist Partner einer Elektroauto-Produktion geworden, deren Fahrzeuge in den Huawei-Flagshipstores präsentiert und verkauft werden – eine intelligente Vertriebsstrategie zur Eroberung von Exportmärkten.

Schon auf der letzten IAA wurde deutlich, wie stark erschwingliche chinesische E-Automobile auf den Markt drängen. Mit 70 Prozent der Aussteller stellte China die größte Ausstellergruppe. Einer der bedeutendsten Anbieter aus Fernost, BYD (Build Your Dreams), hatte die gesamte Bandbreite seiner Elektroautos auf dem wahrscheinlich größten Stand der Internationalen Automobilausstellung präsentiert und nach eigenen Angaben fünf Millionen Elektroautos, einschließlich Hybridfahrzeugen verkauft – so ein Bericht der Tagesschau vom 11. September. Ab nächstem Jahr sollen der BYD Seal ab 45.000 Euro in Deutschland zu kaufen sein. „Wir können vor diesen Entwicklungen nicht die Augen verschließen“, so Stephan A. Vogelskamp. „Umso wichtiger ist es, dass wir wissen, was woanders entwickelt wird.“ GTAI – German Trade and Invest als Außenwirtschaftsagentur der Bundesrepublik Deutschland stand in Shanghai daher auch auf dem Besuchsprogramm von „automotiveland.nrw“. Corinne Abele leistet dort mit ihrem Team einen wichtigen Beitrag zur Positionierung der deutschen Industrie in China und stellt laufend wichtige Länderinformationen zur Verfügung.

China fährt eine deutliche Strategie im Bereich der Elektromobilität. Staatliche Subventionierungen und strenge Zielvorgaben bestimmen den klaren Kurs der Regierung. Dazu muss man sich positionieren. Das heißt in erster Linie, Kontakt auf Augenhöhe zu suchen und belastbaren Austausch auf die Beine zu stellen, um Trends aus Fernost aufzuspüren. Dass hochwertige, erschwingliche Elektro-PKW aus China als Alternativen zu hiesigen Autos existieren, ist nicht mehr zu ignorieren. Die Frage ist: Wann kommen diese Fahrzeuge in großem Stil in Europa an? Und vor allen Dingen: Wie können wir unsere Zulieferer mit den chinesischen Herstellern in Verbindung bringen? „Automotiveland.nrw“ hat sich zur Aufgabe gemacht, diese Kontakte und Verbindungen herzustellen, um Zulieferer in neue Wertschöpfungsketten zu bringen. Dabei hilft das in den vielen Jahren des Austausches aufgebaute Vertrauensverhältnis zu Politik und Wirtschaft in China. So werden zum Beispiel chinesische Unternehmen zur nächsten Polis Mobility in Köln eingeladen. Hier kann auf kurzem Weg Kooperation entstehen. „Wir können uns in Bezug auf den chinesischen Automarkt keine Wettbewerbsstreitigkeiten und keine Blockaden erlauben“, sagt Stephan A. Vogelskamp. „Es hängen viel zu viele Arbeitsplätze an diesem Industriezweig mit seinen Zulieferunternehmen. Wir sollten eher versuchen, viele davon zu sichern, indem wir uns für Kooperationen öffnen und indem wir schauen, welchen Beitrag wir zum Markterfolg, auch in Joint Ventures, leisten können. Wir können nur noch vernetzt arbeiten, eine globale Entkoppelung ist nicht mehr möglich.“

Text: Anette Kolkau

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