Forschungsprojekt der Bergischen Uni - Gesundheits-Konzept für Unternehmen

Mehr Produktivität und weniger Fehlzeiten: Die Gesundheit der Mitarbeiter eines Unternehmens wirken sich immer positiv aus. Das erforscht die Bergische Universität Wuppertal, Arbeitsbereich Bewegungs- und Trainingswissenschaft, in der Firma Knipex. Sasha Javanmardi, wissenschaftlicher Mitarbeiter, betreut das Projekt:

Wie entstand die Idee zum Forschungsprojekt „BGM 2.0 – in der Produktion?

Wir haben ursprünglich u.a. Fußballer der 1. Bundesliga und Handballer des BHC betreut. Mit Hilfe der erhobenen Daten und Nutzung bestehender Datenbanken entwickelten und boten wir individuelle Trainingspläne und Therapieprozesse an. Ich hatte damals beschlossen, dieses Vorgehen auf den Breitensport herunterzubrechen und für die Mitarbeiterschaft eines Unternehmens entsprechende Maßnahmen rund um Gesundheit und Bewegung zu erarbeiten. In meiner Masterarbeit hatte ich damals anschließend eine erste Übersicht zum Thema Wirksamkeit von Bewegungsmaßnahmen bei Bürokräften verfasst. Wir kamen zum Schluss, dass wir eine Optimierung von Maßnahmen im Rahmen vom Betrieblichen Gesundheitsmanagement, BGM, in ihrer Individualisierung sehen. Dieses BGM wird sich grundsätzlich auf Faktoren wie Produktivität und Fehlzeiten auswirken, wir wollten darüber hinaus gehen. Das Unternehmen Knipex war sofort bereit, uns zu unterstützen.

Was waren die ersten Schritte?

Wir haben zunächst im Betrieb gefragt, ob das Thema Gesundheit von allen gelebt wird. Wir wollten eine Grundlage schaffen, wenn wir über Gesundheit reden. Anschließend ging es um die Erstellung eines Profils, passend auf das Unternehmen. Zum Beispiel wird viel über einen ergonomischen Arbeitsplatz gesprochen, doch ist ein Sitzball am Arbeitsplatz für den einen sinnvoll, für einen Menschen mit Rückenproblemen vielleicht gerade nicht.

Wie ging es weiter?

Dann haben wir den Menschen interviewt: Gibt es orthopädische Probleme, physische oder psychische Dinge, die wichtig sind. Wie ist das Freizeitverhalten? Wir haben daneben auch Daten wie Gewicht und Größe erhoben und nach Problemen und den individuellen Wünschen zur Gestaltung des Arbeitsplatzes gefragt.

Reichen solche üblichen Daten denn zu Forschungszwecken aus?

Tatsächlich nicht! Es ist etwas anderes, ob ich eine Leistungssportler-Diagnostik durchführe oder Menschen, die bezogen auf ihre körperliche Aktivität völlig unterschiedlich sind. Wir haben also zum Beispiel Smartwatches verteilt, die Ergebnisse zum Schlaf liefert, zur individuellen Bewegung während der Arbeitszeit und in der Freizeit. Auch die Muskelaktivität am Arbeitsplatz haben wir gemessen oder in welchem Gelenkwinkel sitzt eine arbeitende Person – nur mit solch vielen Hinweisen erhalten wir ein klares Bild und Profil.

Wie war und ist die Resonanz der Mitarbeitenden?

Die Teilnahmequote beträgt rund 40 Prozent; wir haben mit über 400 Mitarbeitenden gesprochen. Sie alle wissen, worauf sie sich in den drei Jahren des Forschungsprojektes einlassen. Im Jahr 2021 startete das Projekt, 2022 begannen wir mit den ersten Interviews. In diesen Gesprächen stellten sich auch die individuellen Probleme heraus, wie eben die typischen Rückenprobleme.

Welche Ergebnisse standen nach den Interviews fest?

Grundsätzlich ging es um körperliche Belastungen und Stress. Klare psychische Erkrankungen standen bei den Problemen jedenfalls nicht ganz oben. In Absprache mit dem Unternehmen Knipex haben wir uns dann erste Maßnahmen überlegt.

Welche individuellen Maßnahmen wurden konkret entwickelt?

Die Maßnahmen sind natürlich ganz individuell. Manchmal haben wir zu einer OP geraten, in anderen Fällen aber auch zur physiotherapeutischen Behandlung. Wir haben auch spezifische Trainingseinheiten etabliert. Erste Erfolge können wir in der Reduktion von Schmerz sehen. Erfolge nach den klassischen BGM-Daten wie Fehlzeiten können wir aber noch nicht einschätzen; die Effekte werden wir erst nach einigen Jahren erkennen. Wir führen ja auch keine Behandlungen aus; wir sind Wissenschaftler und bleiben natürlich als Uni am Ball, um beispielsweise die Dauer und Intensität einer Maßnahme zu empfehlen. Wir betreuen das Unternehmen natürlich weiter.

Was ist Ziel von „BGM 2.0 – in der Produktion“?

Wie gesagt: Ich bin Wissenschaftler. Ich möchte fundierte und effektive Konzepte entwickeln, die Effektivität von Maßnahmen untersuchen und feststellen, wie lange beispielsweise ein Rückentraining nötig und mit welchen Kosten verbunden ist. Letztendlich das Thema mit allen beteiligten Akteuren vorantreiben.

Inwiefern hängen Bewegung/ Gesundheit mit Produktivität eines Unternehmens zusammen?

Ganz eindeutig hängt die Arbeitsfähigkeit mit Bewegung zusammen, besonders in der heutigen Zeit mit dem hohen Bewegungsmangel; durch mehr Bewegung lassen sich Depressionen, Schlafprobleme, Burnout, Sturzrisiken verhindern. Bewegung ist die beste Medizin. Dadurch steigere ich meine Motivation und damit die Arbeitsfähigkeit. Das wirkt sich wiederum positiv auf die Produktivität aus und gegen einen Langzeitausfall von Mitarbeitenden. Es ist besser, in die Gesundheit zu investieren als ständig neue Fachkräfte einarbeiten zu müssen. Letztlich ist das auch ein Kostenfaktor. Ich halte es für essenziell, über die Gesundheit der Arbeitnehmenden nachzudenken und hier Angeboten zu schaffen.

Können sich nun auch andere Unternehmen bei Ihnen melden?

Selbstverständlich! Wer sich für unsere Forschung interessiert, wird dann mit uns gemeinsam nach der Feststellung des Ist-Zustandes ein Konzept entwickeln, durch das die Menschen im Unternehmen lange ihre Gesundheit erhalten können.

Text: Eva Rüther

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