Kulttreff - Die Börse wird 50

Mit einem Festivaljahr und dem Motto „Kultur mit allen“ begeht „die börse“ ihren 50. Geburtstag. Ein Wuppertaler Original und Wegbereiter für andere soziokulturelle Zentren in ganz Deutschland.

Den berühmten „Wackeltreff“ gibt es immer noch. Oder vielmehr wieder. Denn die Kultparty galt in den Anfängen von „die börse“ als der alternative Ausgeh-Tipp. Wuppertal war damals ein Zentrum progressiver Subkultur. Fluxus-Künstler Nam June Paik machte hier aufsehenerregende Aktionen. Der bekannte Remscheider Freejazz-Saxofonist Peter Brötzmann fungierte eine Zeitlang als dessen Assistent. Und Pina Bausch erfand mit ihren Choreografien eine neue Form von zeitgenössischem Tanz.

Der Trägerverein „Kommunikationszentrum Wuppertal e. V.“ feierte bereits im Mai 2023 seinen 50., nun also die Börse, die das erste Mal im November 1974 als Kulturzentrum an der Viehhofstraße öffnete. Im Fokus damals wie heute: Jugendlichen, Kreativen, Engagierten konsequent Freiräume bieten. Für Bandproben, für Workshops, für Meetings, für große Debatten.

So sehr die Börse immer mal wieder einigen als zu „links“ galt, ist doch unumstritten, dass ihr als eines der ersten soziokulturellen Zentren Deutschlands eine wichtige Rolle sowohl im kulturellen Leben als auch im sozialen Miteinander der Stadt und Region zukommt. Viele Bands wie etwa die Punkrocker von „Fehlfarben“ bekamen hier eine Bühne, lange bevor sie richtig bekannt wurden. Ob Wackeltreff oder 40plus-Party, besondere Tanz- oder Theaterprojekte: Viele Ideen und Initiativen nahmen in der Börse ihren Anfang und wurden weiterentwickelt.

Musik, Comedy, Kabarett, Theater, Literatur, Flohmarkt, Party, Tanz, Weiterbildung, Gesellschaftliche Veranstaltungen, Politische Bildung, Stadtteilkultur – das sind die Themen, mit denen sich die Börse heute präsentiert. Insgesamt rund 500 Kurse und 500 Veranstaltungen im Jahr finden nun nach dem Umzug 1998 in den Räumen an der Wolkenburg auf circa tausend Quadratmetern statt.

Das Jubiläumsjahr begeht das Börse-Team, bestehend aus 15 festen Mitarbeitenden im Verein sowie weiteren in der Gastro und Freien, mit verschiedenen Events verteilt auf alle Monate. Insgesamt treten mehr als 50 Bands auf und fünf andere Wuppertaler Kultur-Orte, der Verein „Insel e. V.“, Utopiastadt, die Färberei, „der ort“ und die Kookaburra gGmbH im Café Swane, gratulieren auf ihre Art mit eigenen Beiträgen aus Literatur, Musik und einer Podiumsdiskussion in der Börse. Und den Wackeltreff gibt es aktuell einmal im Monat samstags auf zwei Floors. Der Musik-Mix sei „hundertprozentig tanz- und partytauglich“, so Börse-Geschäftsführer Lukas Hegemann.

Er freut sich besonders auf den 8. November, wenn in der Börse nicht nur die Abschluss-Gala des Festivaljahres, sondern auch ein Polit-Talk mit Claudia Roth und Ina Brandes, beide angefragt, über die Bedeutung der Soziokultur stattfinden soll. Neben all den wichtigen und meinungsstarken Formaten, mit denen die Börse auf sich aufmerksam macht und sich profiliert, ist es Lukas Hegeman auch wichtig, „ein Ort zu sein, der Spaß macht“. Dazu gehört, dass auch im Jubiläumsjahr bekannte Künstler wie Dave Davis, Frank Goosen und Wolf Maahn auftreten. Daneben bekommen aber eben auch Podiumsdiskussionen wie „#GehMalWählen“ zur Europawahl, die „Zukunftswerkstatt Wuppertal 2030“, Kennenlernabende mit der Letzten Generation oder ein Attac-Vortrag mit Parents for Future zum Thema „Weil die COP28 nicht reicht“ Raum.

Und auch das eigene Quartier erhält einen eigenen Programmpunkt: Von April bis September eröffnet immer am vierten Sonntag im Monat das „Parkcafé am Uellenberg“ im Südstädter Park. Es gibt Kaffee und Kekse, und Ziel ist es, Ideen für weitere Aktivitäten im Stadtteil zu sammeln und zu planen.

Anlässlich des 50. Geburtstages fordert das Börse-Team seine Gäste auf, besondere Geschichten unter dem Motto „die börse – (m)eine Liebe“ aufzuschreiben und einzusenden. Darüber hinaus gibt es einen Essaywettbewerb zur Soziokultur und die Möglichkeit, „börsenaktien“ zu kaufen.

Und auch, wenn das Durchschnittsalter der jährlich rund 65.000 „Börsianer“ heute bei 48,3 Jahren liegt, so Lukas Hegemann, ist die Börse doch bei vielen potenziellen Sponsoren nicht immer die erste Adresse. „Vielleicht liegt das auch an unserer breiten Vielfalt, man kann uns schlecht in eine Schublade stecken“, mutmaßt Lukas Hegemann. Heike Müller-Buchbender, zuständig für die PR bei der Börse, wünscht sich jedenfalls, „dass der große Wert der Börse für unsere Stadt wieder und von noch mehr Wuppertalern und Wuppertalerinnen erkannt und genutzt wird, und dass es Menschen an den entscheidenden Stellen gibt, die diesen Ort fördern und finanziell unterstützen.“

Text: Liane Rapp

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