Tradition - Wie eine Familie
Die Werkzeugfabrik Elora besteht bereits seit 100 Jahren. Im August wurde das gefeiert. 7.500 Artikel gehen von Remscheid aus in alle Welt.
„E“ wie Erich. „Lo“ wie Lokalstolz. „Ra“ wie Rauch. „Lo“ wie Lokalstolz? Nicht ganz. Eigentlich wollte Erich Rauch Lüttringhausen im Firmennamen verewigen. Wie weit kommt man international aber mit einem Umlaut im Schriftzug? Der gelernte Werkzeugmacher meldete lieber eine Marke ohne Pünktchen an. Die hat 2024 längst die Weltgeltung, die sich der „Lütterkuser“ einst erhoffte. Kunden aus aller Herren Länder feierten Ende August mit der Geschäftsleitung, der Belegschaft und den Lieferanten das 100-jährige Bestehen.
„Wir haben nicht damit gerechnet, dass sich unsere Kunden aus Übersee für diesen Anlass ins Flugzeug setzen“, freut sich Andreas Rauch, der geschäftsführende Gesellschafter. Der Diplom-Ingenieur leitet Elora mit seiner Cousine Bettina Rauch in dritter Generation. Die Teilhaberin, eine gelernte Bankkauffrau, verantwortet den Export. Er sorgt für rund 60 Prozent vom Umsatz: Auf der Weltkarte gibt es aus Elora-Sicht noch einige, aber nicht mehr viele weiße Flecken. Auf allen Kontinenten („Wir sind absolut händlertreu“) werden die Remscheider Produkte angeboten.
7.500 Artikel finden sich im Katalog der Werkzeugfabrik. „Unsere Hauptthemen sind immer noch Schrauben- und Steckschlüssel sowie Zubehör“, erläutert Andreas Rauch. Produziert wird seit 1964 an der Schmiedestraße. An der benachbarten Straße Am Blaffertsberg an der Stadtgrenze zu Wuppertal-Ronsdorf hat Elora seit 1994 auch seinen Firmensitz mit Verwaltung, Lager und Verpackungsabteilung.
Begonnen hat alles in einem Keller am Birker Weg. Der 20-jährige Firmengründer fertigte Stillson-Rohrschlüssel, Kettenrohrzangen und Schwedenzangen – vermutlich mit Hilfe anderer Familienmitglieder. Den ersten Mitarbeiter stellte Erich Rauch 1927 ein; im folgenden Jahr erwarb er ein angrenzendes Grundstück, auf dem das erste Betriebsgebäude entstand. „Mein Großvater hat zweimal Glück gehabt“, kommentiert Andreas Rauch. „Er startete in den Goldenen Zwanzigern und erlebte auch die Wirtschaftswunderzeit.“
Dass Elora auch heute floriert, in Zeiten hoher Energie- und Stahlpreise sowie zahlreicher Auflagen und internationaler Konkurrenz, führen die Gesellschafter auf mehrere Faktoren zurück: auf die Qualität der Werkzeuge, auf die Treue der Kunden („Wir arbeiten mit vielen in der dritten Generation zusammen“) und auf die 65-köpfige Belegschaft. „Die 40-jährige Zugehörigkeit zum Unternehmen ist quasi Standard“, erzählt Andreas Rauch. „Wir sind eine Familie“, betont Bettina Rauch.
Am Festtag zeigten die „Familienangehörigen“ bei Führungen durch die laufende Produktion, was Elora ausmacht. „Wir haben eine hohe Fertigungstiefe“, erklärt der Geschäftsführer, der vor seinem Maschinenbau-Studium selbst den Beruf des Werkzeugmachers erlernte. „Es war für uns völlig normal, dass wir im Unternehmen groß geworden sind“ – und das in allen Bereichen. „Wir haben zwar kein eigenes Walzwerk, aber wir schmieden auf vier Hämmern und galvanisieren selbst. 60 Prozent unseres Umsatzes machen wir mit selbst produzierten Artikeln.“
Seit letztem Jahr stellt man auch Zangen her, die früher zugekauft wurden: Elora übernahm die Produktion des Remscheider Traditionsunternehmens Tracht-Odenthal. Die 1920 gegründete Firma hatte sich auf besondere Zangen spezialisiert – vom Werkzeug zum Be- oder Entringen von Vögeln über Polsterklammerzangen bis zu Spezialzangen für die Kfz- und Elektronikindustrie. „Alles, was ein bisschen anders ist“, so Rauch. Hier sieht er eine weitere Stärke der Firma: „Die Reise geht dahin, sich mehr zu spezialisieren. Wir sind dabei sehr flexibel, können auch kleinere Serien von 500 Stück herstellen und produzieren zudem für andere Unternehmen.“
„Wir wollen zu den weltweit führenden Unternehmen für Handwerkzeuge in Premium-Qualität gehören“, heißt es im Leitbild von Elora. Also wurde 2023 beispielsweise in ein neues Drehzentrum für die Produktion von Steckschlüsseln investiert, dieses Jahr in ein weiteres. Der Strom für die Fertigung kommt seit 2022 zum Teil aus eigenen Photovoltaik-Anlagen. Die Tradition wird bei allem Fortschritt aber nicht vergessen. „100 Jahre sind schon etwas Besonderes“, unterstreicht Andreas Rauch. „Vor allem in dem Metier, in dem wir tätig sind.“
Text: Fred Lothar Melchior