Buchhaltung - Die E-Rechnung kommt

Ab 2025 müssen alle Unternehmen in Deutschland E-Rechnungen akzeptieren. Diese sind nur mit spezieller Software zu lesen. Langfristig erleichtert die Digitalisierung Unternehmen und Steuerberatern die Arbeit.

Für die meisten größeren Unternehmen ist die Änderung im Zuge des Wachstumschancengesetzes, das im März verabschiedet wurde, kein Problem. Sie erledigen die Buchhaltung sowieso mit einer Software. Dort ist die E-Rechnung häufig bereits integriert. Doch viele kleine und kleinste Unternehmen agieren noch mit Excel-Listen und PDF- oder Papier-Rechnungen. Das ist bald zwischen Unternehmen (B2B) nicht ohne weiteres möglich. Ab 2025 müssen alle Unternehmen E-Rechnungen annehmen. Das betrifft auch nebenberufliche Unternehmen oder Vermieterinnen.

Doch was genau macht eigentlich eine E-Rechnung aus? Sie wird in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen und ermöglicht eine elektronische Verarbei­tung. Dabei muss sie der CEN-Norm EN 16931 entsprechen, der europäischen Norm für elektronische Rechnungsstellung. Bei Aufträgen von Bund, Ländern und Kommunen wird diese schon länger verwendet.

Vor allem kommen bisher in Deutschland zwei Formate zum Einsatz: Die XRechnung, die von der Koordinierungsstelle für IT-Standards geschaffen wurde, und das hybride ZUGFeRD-Format (Zentraler User Guide des Forums elektronische Rechnung Deutschland). Bei einer ZUGFeRD-Rechnung wird maschinenlesbares UN/CEFACT-XML in eine PDF-Datei eingebunden. Anders als die XRechnung ist die ZUGFeRD-Rechnung auch für Menschen lesbar. PDF oder E-Mails gelten nicht als elektronische Rechnung.

Hintergrund der Vorgabe ist, dass die Euro­päische Kommission ein elektronisches Meldesystem für die Umsatzsteuer plant, um Umsatzsteuerbetrug, Korruption und Schwarzarbeit zu erschweren. Deshalb sollen bis 2028 alle Unternehmen zur E-Rechnung verpflichtet werden. Bisher wurde in Deutschland angekündigt, dass PDF-Dateien und Papier-Rechnungen im B2B-Kontext je nach Unternehmensgröße ab 2027 oder 2028 nicht mehr erlaubt seien. Dann müssen auch alle Kleinstunternehmer ihre Rechnungen im B2B-Bereich in elektronischem Format ausstellen. Bis dahin muss der Rechnungsempfänger zustimmen, dass er PDF-Rechnungen akzeptiert.

Für größere Unternehmen sieht Hagen Hintze aus dem IHK-Geschäftsbereich Recht, Steuern und Finanzen durchaus Chancen in der neuen Gesetzgebung: „Der Rechnungseingang kann automatisiert werden – dadurch kann Arbeitskraft eingespart werden.“ Durch die Pflicht zur Annahme von E-Rechnungen ab 2025 sind Unternehmen dann nicht mehr gezwungen, für einzelne Geschäftskunden Ausnahmen zu machen. Sie können einfach an alle E-Rechnungen schicken. Zudem wird durch die Digitalisierung der Vorgänge Papier gespart, was die Nachhaltigkeitsbestrebungen unterstützt. Wer allerdings Unternehmen und Privatpersonen als Kunden hat oder viele Kleinunternehmen, wird vielleicht auch darüber hinaus PDFs zusätzlich zur E-Rechnung verschicken oder kombinierte Formate nutzen.

Beim Empfang einer elektronischen Rechnung geht es nicht nur darum, deren Inhalte lesen zu können. „Die Rechnung muss auch ordnungsgemäß archiviert werden – unveränderbar und mit einem Index versehen“, betont Sebastian Holthus aus dem IHK-Geschäftsbereich International. Ausnahmen gebe es für Fahrausweise und Kleinbetragsrechnungen bis 250 Euro sowie bestimmte umsatzsteuer­freie Umsätze wie Bildungsleistungen. „Wir kritisieren, dass schon im kommenden Jahr eine Empfangspflicht besteht“, sagt Hagen Hintze. „Das ist zu kurzfristig. Wir hätten uns eine Übergangsregelung gewünscht.“ Allerdings konnten bisher selbst größere Unternehmen nicht vollständig auf E-Rechnungen umstellen, da sie dafür nach derzeitiger Gesetzgebung die Zustimmung der Empfänger brauchen. Gerade Kleinstunternehmen sind häufig nicht auf das elektronische Format eingestellt. Das ebenfalls verbreitete EDI-Verfahren erfüllt nicht die europäischen Norm. Derzeit werde an einer Lösung dafür gearbeitet, ließ das Bundesministerium der Finanzen verlauten. Bis 2027 sollen Rechnungen per EDI-Verfahren jedoch auf jeden Fall möglich sein.

Bastian Zigman, Geschäftsführer der alteingesessenen Solinger Felder GmbH mit 14 Mitarbeitenden, war erst einmal irritiert von den neuen Vorgaben zur Rechnung. „Unsere Software kann aktuell noch keine XRechnung erstellen.“ Sein Software-Anbieter verlange für ein entsprechendes Zusatzmodul 6.000 Euro. „Das sind ungefähr 50 Prozent der Kosten unserer gesamten bisherigen Software – für uns ist das viel“, sagt Bastian Zigman. Zusätzlich wäre es dann nötig, das Verwaltungsteam neu zu schulen. „Auf der einen Seite ist ein direkter Weg eine Fehlerquelle weniger – auf der anderen Seite ist das erweiterte Modul für unsere Warenwirtschaft nicht einfach zu bedienen.“ Nicht alle Mitarbeitenden sind davon begeistert, sich neu einzuarbeiten.

Kritisch sieht Bastian Zigman auch, dass die E-Rechnung sehr unpersönlich sei und kein Firmenlogo enthalte. Vor dem neuen Jahr möchte er auf keinen Fall auf das elektronische Format umstellen – damit er nicht Rechnungen an Kunden schickt, die das noch nicht verarbeiten können. Sehr gut beraten habe ihn jedoch sein Steuerberater bezüglich des Themas.

Genervt ist auch der Fotograf Leon Sinowenka. „Warum bekomme ich jetzt eine neue Verpflichtung aufgedrückt – sie löst keines meiner Probleme. Und ich muss meinen kompletten Workflow umstellen.“ Bisher erledigt er viele Dinge unterwegs auf dem Smartphone, zwischen zwei Terminen. Mit der E-Rechnung befürchtet er eher eine Verzögerung als eine Erleichterung, wenn er die empfangene E-Rechnung erst in eine Software einlesen muss, um sie zu kontrollieren. Auch die bisherige Archivierung per Ausdruck im Ordner ist dann passé. „Ich bin ja alleine – jede Stunde, die ich in Bürokratie stecke, fehlt mir am Umsatz“, ärgert sich Leon Sinowenka.

Zudem sieht er seine Rechnungen auch als Marketingformat an. „Mir ist ein schickes Design für die Rechnung wichtig. Und meistens schreibe ich ein paar individuelle Worte dazu. Ich lege Wert auf ein persönliches Verhältnis zu meinen Kunden.“ Jetzt befürchtet der Fotograf, dass das im elektronischen Format nicht mehr möglich ist. Dass es verschiedene Zeitpunkte für die Pflicht zum Empfangen und Versenden von E-Rechnungen gibt, findet er „putzig“. Wer eine E-Rechnung empfangen und archivieren könne, könne sie schließlich meist auch versenden. Letztendlich befürchtet der Solo-Selbständige jedoch steigende Preise seines Software-Anbieters. Denn schließlich sei er durch die E-Rechnung noch stärker als bisher von ihm abhängig.

Steuerkanzleien profitieren langfristig von dem elektronischen Format, weil sie Arbeitsabläufe vereinfachen können und keine Papier-Belege mehr abtippen müssen. „Dann können auch keine Tippfehler mehr entstehen und vieles läuft auto­matisch. Das erleichtert uns die Arbeit erheblich, wenn es umgesetzt ist“, sagt Steuerberater Michael Grah von der Kanzlei BGK Steuerberater in Solingen. Erst einmal hat sein Team jedoch viel Arbeit, um alle Mandanten zu beraten. Rund 40 Prozent von ihnen seien noch nicht oder nicht vollständig in der digitalen Welt angekommen, schätzt Michael Grah. „Ich empfehle ihnen dringend, zügig Kontakt mit den Softwareanbietern aufzunehmen und das nicht aufzuschieben. Denn teilweise müssen Module zugekauft und eingerichtet werden.“

Kritisch sieht der Steuerberater allerdings, dass kein europaweit einheitliches Format für die E-Rechnung geschaffen wurde. So müssen die Rechnungen verschiedener Länder wieder mit Extra-Programmen übersetzt werden. Auf jeden Fall sei es jedoch spannend zu erleben, wie sich die Buchführung in Zukunft weiterentwickeln werde.

Text: Tanja Heil

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