Einblicke ermöglichen - Mädchen für MINT begeistern
Marion Boutilliat organisiert beim Kompetenzzentrum Frau und Beruf Bergisches Städtedreieck die „Initiative für mehr Mädchen und Frauen in MINT“.
Wie entstand die Idee für die „Initiative für mehr Mädchen und Frauen in MINT“?
Wir wurden im Jahr 2022 von unterschiedlichen Akteurinnen und Akteuren nach einer Arbeitsgruppe zum Thema „Mehr Mädchen in der IT“ gefragt. Also haben wir diese gegründet. In den regelmäßigen Austauschtreffen wurden einige Lösungsansätze und eine Zielformulierung entwickelt: Wir werden zu Gamechangern und schaffen ein Ökosystem für Mädchen und Frauen, in dem sie auf MINT- Berufsfelder aufmerksam gemacht werden, hineinschnuppern können, Gleichgesinnte finden und sich dann auch in dem von ihnen gewählten Berufsfeld wohlfühlen können. Es sollen vor allem klein- und mittelständische Unternehmen motiviert werden, ihren Mädchen- und Frauenanteil zu erhöhen.
Warum wurde aus der ursprünglichen IT-Idee dann MINT?
Aufbauend auf dieser Erfahrung wollten wir uns breiter aufstellen, um bisher zu wenig genutztes weibliches Fachkräftepotenzial in den MINT-Fächern aktiv anzusprechen. Nach wie vor gibt es viele Unternehmen, in denen in manchen Bereichen kaum oder gar keine weiblichen Beschäftigten zu finden sind. Mehr Frauen im Team zu haben, bringt viele Vorteile mit sich: wir hören branchenübergreifend, wie engagiert Frauen im Beruf sind, wie vielfältig talentiert, wie die Unternehmenskultur sich verändert. Um Mädchen und Frauen anzusprechen und im Beruf zu halten, bedarf es jedoch einer besonderen Ansprache.
Was sind die größten Hürden für Mädchen in MINT-Berufen?
Manche Mädchen entwickeln zwar eine Neigung zu MINT-Fächern, haben das für die Berufswahl aber nicht auf dem Schirm. Die Stereotypen fangen ja schon im Kinderzimmer an. Auch die Peer Group spielt eine wichtige Rolle – da auszuscheren, erfordert Mut. Und viele Eltern und Einflusspersonen haben Vorbehalte gegenüber technischen Berufen. Da heißt es dann: „Da brauchst du ein dickes Fell.“ Wir wollen die Unternehmen aber so sensibilisieren, dass sich Mädchen dort auch ohne ´dickes Fell’ wohlfühlen.
Was können Unternehmen tun, damit Frauen dort gerne arbeiten?
Wichtig ist eine Kultur, in der Frauen wertschätzend und auf Augenhöhe behandelt werden. Gut ist auch, wenn Neueinsteigerinnen eine Ansprechpartnerin bekommen, etwa eine Ausbildungspatin. Natürlich spielt auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie eine Rolle. Sinnvoll ist es für viele Unternehmen auch, Quer- und Wiedereinsteigerinnen in den Blick zu nehmen.
Was bieten Sie den Mädchen und Frauen konkret an?
Im Rahmen der vorangegangenen Initiative fand eine ausführliche Befragung von Schülerinnen und Schülern statt. Von den 300 jungen Frauen, welche diesen Fragebogen ausgefüllt haben, gaben 65 Prozent an, ein Interesse an IT zu haben. Auf Basis der Rückmeldungen wurde der Workshop „That´s IT girl!“ konzipiert. Dort konnten sich Schülerinnen in kleinen Gruppen über das Berufsfeld der IT informieren. Pro Tag wurde ein anderer Schwerpunkt gelegt, um die Vielfalt des Berufsfeldes darzustellen. Sie konnten ein Spiel, einen Roboter und eine Website programmieren, herausfinden, wie ein Algorithmus funktioniert, und wurden auch in das Thema Marketing der IT-Produkte eingeführt. Die teilnehmenden Betriebe, wie Bucs IT, Systemhaus Erdmann und Codecentric haben diese Workshops konzipiert und auch Personal und Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt. In den Feriencamps selbst merkten die Schülerinnen rasch, dass es anders als in der Schule zugeht, und haben in den laufenden Kurs noch Freundinnen dazugeholt. Sie hatten also Spaß daran. Das wollen wir ausweiten.
Was wollen Sie mit dem Programm bewirken?
Am Ende bieten wir den Mädchen und Frauen einen besseren Überblick, was in den Bergischen Städten angeboten wird. Wir haben bereits viele Akteurinnen und Akteure, wie das Bergische Schul-Technikum „BeSt“, die Junior Uni in Wuppertal, das Schülerforschungszentrum „Check!“ in Solingen mit im Boot. Zudem organisieren einige Unternehmen eigene Workshops für Mädchen. Diese Angebote transparent zu machen, wird ein erster Schritt sein. Dann hoffen wir, durch die Zusammenarbeit mit Unternehmen die Zugänge für Mädchen einfacher zu gestalten. Das ist aber sicherlich nicht von heute auf morgen zu realisieren.
Was müssen Unternehmen mitbringen/ tun, die mitmachen wollen?
Es kann sich jedes Unternehmen beteiligen, das mehr Frauen im MINT-Bereich einstellen, sich vernetzen und von anderen Unternehmen lernen möchte. Wir werden an unterschiedlichen Themen arbeiten, Ideen und Erfahrungen austauschen. Wir wünschen uns Mini-Kooperationsprojekte – dafür suchen wir engagierte Unternehmen, die nicht nur ihren Fachkräftebedarf sichern möchten, sondern explizit Frauen suchen.
Wie läuft die Initiative weiter?
Wir wollen uns halbjährlich zum Austausch treffen und dabei auch Ideen und Best Practice-Beispiele vorstellen. Außerdem wollen wir Input von spannenden Expertinnen bieten – etwa zu Themen wie „Wie kann mein Unternehmen attraktiver für Frauen werden?“ oder „Wie kann ich Workshops für Schülerinnen gestalten?“. Und wir wollen alle Angebote für Mädchen bündeln und leicht zugänglich machen.
Warum ist solch ein Programm so wichtig?
Nach wie vor liegt der Frauenanteil in MINT-Berufen bei 17 Prozent. Gleichzeitig herrscht in MINT-Unternehmen ein großer Fachkräftemangel. Wir denken, dass eine große Chance darin besteht, mehr Frauen aller Altersgruppen für MINT-Berufe zu begeistern und ihnen den Weg in die Unternehmen zu ebnen. Nicht ohne Grund sind die Oberbürgermeister die Schirmherren für die Initiative des Kompetenzzentrums, denn auch sie wissen, wie wichtig die „Initiative für mehr Mädchen und Frauen in MINT“ ist!
Das Gespräch führte Tanja Heil