Qualitätstests - Auf Herz und Nieren prüfen
Die VPA Prüf- und Zertifizierungs GmbH in Remscheid hat in 100 Jahren ihr Dienstleistungsspektrum erweitert. Aber die Qualitätsprüfung von Werkzeugen und Schneidwaren bildet immer noch ihr Kerngeschäft.
Qualität oder schlechte Billigware? Eine schwedische Möbelhauskette stellte einst ihre Qualitätsprüfung vor den Kunden zur Schau: Dabei wurde ein Sessel permanent von einem Kolben traktiert, um dessen Gebrauchstüchtigkeit zu demonstrieren. Ob ein Produkt gut und sicher ist, fragen sich auch Kunden, die Messer, Schraubendreher oder Spaten kaufen. Denn minderwertige Ware ist auf den ersten Blick oft kaum von hochwertigen Produkten zu unterscheiden. Es sei denn, man achtet auf Prüfsiegel, die Qualität garantieren. Solche verleihen Experten, die Waren vorher in akkreditierten Prüflaboren testen. Als verlässlicher, objektiver Spezialist für die Prüfung und Qualitätssicherung von Werkzeugen und Schneidwaren gilt die VPA Prüf- und Zertifizierungs GmbH in Remscheid, die neben dem GS-Zeichen auch hauseigene Prüfsiegel verleiht.
„Schneidwaren und Werkzeuge sind immer noch unser Schwerpunkt“, sagt Boris Thoenissen. Seit über einem Jahr ist er Geschäftsführer der 1923 gegründeten VPA, die eine Tochtergesellschaft der Forschungsgemeinschaft Werkzeuge und Werkstoffe (FGW) ist und mit ihr den Firmensitz in Remscheid teilt. „Aber inzwischen testen wir beispielsweise auch Gartengeräte und Haushaltswaren wie Pfannen und Töpfe oder andere metallische Produkte, aber keine elektrischen oder elektronischen Geräte“, sagt der gelernte Kaufmann zum erweiterten Dienstleistungs-Portfolio.
Unter den 40 Mitarbeitern nehmen 20 Werkstoffprüfer für die Kunden Produkte gründlich unter die Lupe. Anders als der Sessel im Möbelhaus durchlaufen die vom Auftraggeber gelieferten Muster bei der VPA mehrere Stationen. In rund einem Dutzend Räumen werden Härte-, Drehmoment-, Maß- und Schneidleistungsprüfungen sowie Schadensanalytik, Metallografie und Spektralanalysen, mit der zum Beispiel die Stahlqualität ermittelt wird, vorgenommen. Getestet wird auch die Korrosionsbeständigkeit, indem das Produkt einem Salzsprühnebel ausgesetzt wird. „Erster Prüfschritt ist jedoch die Kennzeichnung. Die komplette Adresse des Herstellers sollte auf jedem Produkt stehen“, erläutert Pierrot Horsch von der Prüfstelle.
Basis der Prüfung seien gesetzliche Vorgaben, Zertifizierungsanforderungen und Normen auf EU- oder Länderebene. Mit dem GS-Zeichen für geprüfte Sicherheit oder dem Siegel „VPA Certified“ bestätigt die VPA eine sichere Handhabung und Einhaltung der Normen. Auch die Gebrauchstauglichkeit ist ein Prüfparameter. Thoenissen: „Der Flaschenöffner muss tatsächlich Flaschen öffnen können.“ Darüber hinaus verleihe die VPA Produkten von besonders hoher Qualität das Siegel „VPA Excellent“, wenn anspruchsvolle Kunden dies wünschen – darunter namhafte Firmen aus dem Bergischen Städtedreieck, die Spitzen-Qualität produzieren. „Ein gutes Werkzeug hält Generationen“, sagt Thoenissen.
Die meisten Kunden der VPA sind in Deutschland ansässig. Aufträge kommen aber auch aus Europa, den USA, Ostasien und Australien. Zur Hauptkunden-Gruppe zählen neben Retailern seit gut einem Jahrzehnt die Discounter. Sie haben zwar preisbewusste Kunden im Visier, wollen aber Qualität verkaufen und geben ihren Lieferanten daher Qualitätsprüfungen und eventuell die GS-Zertifizierung vor. Prüfpläne werden anhand von Normen erarbeitet. Der Kunde stellt dann Muster zur Verfügung, die bei der VPA unter die Lupe genommen werden. „Oftmals haben
wir dafür nur wenige Tage Zeit. Dabei müssen wir schnell, präzise und effizient sein“, sagt der Geschäftsführer. Die VPA gehe auch auf spezielle Prüf-Wünsche der Kunden ein – beispielsweise was Ergonomie oder Schadstofffreiheit anbelangt. „Der Kunststoffgriff soll beim Benutzen keine giftigen Bestandteile abgeben“, erklärt Thoenissen. Solche und andere chemische Analysen übernehme ein externer und vertrauensvoller Partner in Remscheid.
Wie sieht die Zukunft aus? „Wir gehen das große Thema Digitalisierung an“, sagt Boris Thoenissen. Prüfberichte sollen per Knopfdruck abrufbar sein. Nachdem er zwölf Jahre in Hongkong gearbeitet hatte, fiel ihm der Digitalisierungsrückstand in der alten Heimat sofort auf. Mehr Offenheit wünscht er sich auch beim Thema Künstliche Intelligenz (KI). „Ich sehe bei allen Risiken auch große Chancen für unsere Branche.“ Trotz der derzeit getrübten Wirtschaftslage blicke er optimistisch in die Zukunft. „Wir genießen einen guten Ruf und arbeiten trotzdem tagtäglich daran, unsere Effektivität und Qualität stetig zu optimieren. Im Ausland vertraut man immer noch dem Label ,Made in Germany´“.
Text: Sólveig Pudelski