Werbung für duale Ausbildung - Azubis als Botschafter
Azubis, die aus der beruflichen Praxis erzählen können, werden zu Botschaftern für die duale Ausbildung. Sie vermitteln Schülerinnen und Schülern Eindrücke aus dem Berufsleben – auf Augenhöhe. Das hilft Schülerinnen, Schülern und Betrieben gleichermaßen.
„Ich glaube, ich vermittle anders als Erwachsene die Vorteile einer dualen Ausbildung “, sagt Eleysa Aras. Er ist im zweiten Ausbildungsjahr und gehört zu den Ausbildungsbotschaftern und -botschafterinnen der IHK, die für diesen beruflichen Weg werben. Das heißt konkret: Azubis besuchen eine weiterführende Schule und hier meist die neunte Schulklasse. Im zweiten Lehrjahr sollten sie bereits sein; dann haben sie ausreichend persönliche und fachliche Kompetenzen erworben. In der Schule geben sie dann den Jugendlichen einen Einblick in den Berufsalltag und dem Wechsel zwischen Berufsschule und Betrieb. „Ich habe mich sofort bereit erklärt, das Projekt zu unterstützen“, erzählt Eleysa Aras weiter. Er absolviert eine duale Ausbildung zum Kaufmann für Groß- und Außenhandelsmanagement bei Hansen Solingen.
„Ich muss später in meinem Beruf auch zum Beispiel mit Bauleitern und neuen Kunden frei sprechen können – da ist das eine gute Übung für mich.“ Denn: Die Ausbildungsbotschafter und -botschafterinnen haben die Aufgabe, vor eine Schulklasse zu treten und hier möglichst souverän und frei ihren Beruf und den Weg bis dahin vorzustellen. Dabei unterstützen sie also ganz wesentlich die schulische Berufsorientierung.
„Ich halte das Projekt für sehr wichtig, denn die jungen Leute geben genau die Einblicke und Informationen, die für Jugendliche interessant sind“, ergänzt Jörg Kleinemas, Geschäftsführung von Hansen Solingen. Deshalb hat er sich auch entschlossen, bei dem Projekt der IHK mitzumachen. „Die Azubis entwickeln sich weiter und machen dabei natürlich auch Werbung für unser Unternehmen.“ Insofern sichert sich ein Unternehmen durch dieses Projekt einerseits Fachkräfte und hat andererseits Kontakt zu potenziellen Nachwuchskräften. Es positioniert sich als engagierter Ausbildungsbetrieb in der Region.
Auch die Auszubildende Emely Mertins ist dabei: „Ich möchte mich dadurch auch auf die mündliche Prüfung vorbereiten. Ich freue mich, in eine interessierte Klasse zu kommen, um den Schülerinnen und Schülern viele Informationen für die spätere Berufsfindung mitgeben zu können.“ Auch sie absolviert die Ausbildung zur Kauffrau für Groß- und Außenhandelsmanagement bei Hansen Solingen.
„Wir können vielleicht als Ausbildungsbotschafter besser mit den Jugendlichen in Kontakt treten, um in unserer Sprache für den Ausbildungsberuf zu begeistern“, sagt auch Emely Mertins.
Natürlich könnte auch ein Vertreter der Geschäftsführer für die duale Ausbildung werben und die Perspektiven aufweisen. Aber das ist ja gerade nicht das Ziel: „Es geht uns darum, dass die Azubis aus erster Hand berichten und auf Augenhöhe kommunizieren“, sagt Sina Schultes, IHK-Koordinatorin der Ausbildungsbotschafterinnen und -botschafter. „Diese Stunde in der Schulklasse soll einen spielerischen Charakter haben; die Azubis bringen auch, wenn es möglich ist, etwas zum Anfassen und Ausprobieren mit, so dass der Beruf erlebbar wird.“ Was passiert überhaupt in dem Beruf? – das soll dargestellt werden.
Und auch Michael Ifland, stellvertretender Leiter des Geschäftsbereichs Aus- und Weiterbildung bei der IHK, erklärt: „Nicht irgendjemand soll über die Perspektiven der dualen Ausbildung berichten, sondern wirklich die, die mitten in der Ausbildung sind und von ihren Erfahrungen erzählen können.“
Auf Augenhöhe kommunizieren – das beginnt nun einmal schon bei der Sprache: „Wir bringen den Schülerinnen und Schülern wahrscheinlich etwas spaßiger den Beruf näher und haben einfach dieselbe Ausdrucksweise“, sagt Emely Mertins. Das fängt schon damit an, dass sich Klasse und Azubis sofort duzen. Dadurch bricht das Eis schnell, und die meisten Schülerinnen und Schüler hören interessiert zu und verlieren Ängste. Vielleicht wird mancher angesteckt durch die Leidenschaft zu einem Beruf und entdeckt, dass genau das sein oder ihr Berufsweg ist? Eins ist aber klar: Schülerinnen und Schüler werden durch die Zeit mit den Ausbildungsbotschaftern und -botschafterinnen in jedem Fall profitieren und sich mit dem eigenen Berufsweg auseinandersetzen.
Und wenn nicht? Unvorbereitet werden die Ausbildungsbotschafter und -botschafterinnen natürlich nicht in die Schulklassen geschickt. „Ich biete regelmäßig Schulungen an, damit unsere Azubis auch lernen, was und wie sie ihr Thema vorstellen können“, erzählt Sina Schultes. Es gibt dabei einen theoretischen Teil, in dem das System der dualen Ausbildung erklärt wird. „Es geht aber auch darum, aufzuzeigen, was Botschafter bezogen auf den Beruf präsentieren können, welche Techniken es gibt.“ Und außerdem erfahren die Azubis, wie sie bei aufkommender Unruhe reagieren können.
Ganz allein sind die jungen Leute bei alledem nicht; ein Lehrer oder eine Lehrerin begleitet die Unterrichtsstunde. Meistens wird der Besuch der Ausbildungsbotschafter und -botschafterinnen in eine Projektwoche oder einen Projekttag zur Berufsorientierung integriert.
Aktuell werden 35 Azubis aus 18 Unternehmen in der bergischen Region zu Ausbildungsbotschaftern und -botschafterinnen geschult. „Dabei sind ganz unterschiedliche Betriebe vertreten – aus der Industrie, dem Handel, Dienstleister“, weiß Michael Ifland. „Und gerade das ist uns ja auch sehr wichtig: Wir wollen möglichst vielen jungen Menschen Einblicke in die Bandbreite und Möglichkeiten einer dualen Ausbildung zeigen.“ Die Vielfalt der über 130 IHK-Ausbildungsberufe in der Region überrascht manchmal die Schülerinnen und Schüler. Praktisch bedeutet die duale Ausbildung, dass ein- bis zweimal in der Woche die Berufsschule besucht wird; die übrigen Tage arbeitet der oder die Azubi im Betrieb. In anderen Unternehmen haben sie zum Beispiel sechs Wochen Blockunterricht – das organisiert jede Berufsschule in Absprache mit den Betrieben unterschiedlich und passend zu den internen Arbeitsabläufen.
„Ich werbe ganz ausdrücklich für die duale Ausbildung, weil sie neben der vielen Praxis einen guten Einstieg in den Beruf mit vielen Weiterbildungsmöglichkeiten bietet“, betont Michael Ifland. Er kritisiert, dass die Wertigkeit der dualen Ausbildung in der Öffentlichkeit abgenommen hat: „Gerade bezogen auf den Fachkräftemangel ist die duale Ausbildung eine wichtige Perspektive.“ Und: Nach der Ausbildung ist ja ein Studium immer noch möglich. „Aber“, so betont er, „sie verfügen dann über viel mehr Berufseinblicke als jemand, der nach der Schule direkt studiert.“
Das Projekt der Ausbildungsbotschafter und -botschafterinnen besteht seit 2016. Es wird gefördert mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, BMBF. Vor Ort wird es von Handwerkskammern und Industrie- und Handelskammern (oder ihnen zuzuordnenden Einrichtungen) koordiniert und in Abstimmung mit den Akteuren der Initiative „Kein Abschluss ohne Anschluss“ umgesetzt. Die Gesamtkoordination des landesweiten Projekts liegt bei der Landes-Gewerbeförderungsstelle des nordrhein-westfälischen Handwerks (LGH).
Unternehmen können sich jederzeit melden, wenn sie bei diesem Projekt der IHK mitmachen möchten. Schulen können sich bei der IHK-Koordinatorin Sina Schultes melden, wenn sie einen Ausbildungsbotschafter oder -botschafterin einladen wollen.
Text: Eva Rüther