Von Trockenfisch bis falschem Kühlergrill - Pakete voller Überraschungen

„Fakes“ haben bei den Mitarbeitern des Zollamtes Wuppertal keine Chance. Doch dort laufen nicht nur vermeintliche Schnäppchen aus Fernost auf, sondern manchmal auch besondere Spezialitäten.

Ein Kühlergrill für ein Auto liegt auf dem Rollwagen, den Marina Unger und Nico Lenz in den Vorraum des Zollamtes Wuppertal geschoben haben. Dazu diverse Caps, ein Stapel T-Shirts, ein Pullover, Taschen. Alles Markenware. Angeblich. Denn die bunte Auswahl an Produkten, die so gar nichts gemeinsam zu haben scheinen, vereint doch etwas: „Das sind alles Fälschungen“, erklären Unger und Lenz, die die Fakes gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen aus dem Postverkehr gefischt haben. Und – so viel sei an dieser Stelle schon mal verraten – für die Käuferinnen und Käufer im Bergischen Land, die die vermeintlichen Schnäppchen im Internet bestellt haben, könnte es am Ende teuer geworden sein.

An der Corneliusstraße in Vohwinkel laufen die Päckchen und Pakete auf. Waren, die aus außerhalb der EU – also aus einem Drittland - nach Deutschland eingeführt werden, unterliegen den Zollbestimmungen. 1760 waren es für den Zuständigkeitsbereich im vergangenen Jahr, jedes einzelne wird kontrolliert, betont Leiter Marc Diederich. Rund 100 Fälle von Produktpiraterie kamen zum Beispiel zum Vorschein. Ob und wie teuer es am Ende wird, hänge von der Marke ab – und wie hart der Originalinhaber das verfolgen lässt. Den geschulten Blicken von Diederichs Kolleginnen und Kollegen fallen die Fakes jedenfalls meist schnell auf.

Aber: Nicht jeder, der im Briefkasten eine Benachrichtigung findet, dass sein Paket in Vohwinkel liegt, muss direkt das Schlimmste befürchten. Die Sendung wird gemeinsam mit dem Empfänger geöffnet. „Und wir wissen ja vorher gar nicht, was drin ist.“ Oft fehle nur eine Rechnung, erklärt Mitarbeiterin Sabine Weise. „Oder es gibt gar nichts zu verzollen.“ Geschenke aus der Heimat sind es oft. Die eine oder andere Überraschung sei schon mal dabei gewesen, gerade kulinarisch. Ein Kuchen, als Delikatesse zu Weihnachten gedacht, der aufgrund der langen Laufzeit der Post dann einfach nur noch verschimmelt war; oder getrockneter Fisch – im Heimatland des Empfängers eine Delikatesse, für westeuropäische Nasen vor allem eine Herausforderung.

Wobei bei diesen Themen Fabian Pflanz, Pressesprecher des Hauptzollamtes Düsseldorf, dem auch Vohwinkel zugeordnet ist, mit noch deutlich unappetitlicheren Geschichten aufwarten kann aus seiner Zeit beim Zollamt am Flughafen Düsseldorf.

Was auch schon in Wuppertal gefunden wurde: Vermutlich verbotenes Propaganda-Material, etwa Schulbücher in russischer Sprache mit einer recht eigenwilligen Interpretation des Ukraine-Konfliktes. Und wenn es um Tiere geht, stehe man mit dem Wuppertaler Zoo in Kontakt. Ein Schmetterling – tot und präpariert – tauchte zum Beispiel in einer Sendung mal auf. Der war, wie sich nach Rücksprache mit den Experten zeigte, dann aber auch nicht geschützt und hätte sogar mitgenommen werden dürfen.

In Wuppertal sind es indes mit am meisten Medikamente, die den Beamtinnen und Beamten unter die Finger kommen. Die Tube Zahnaufheller, die auch auf dem Rollwagen liegt, Malaria-Tabletten zweifelhafter Herkunft oder Hustensäfte aus Nigeria etwa. „Manchmal“, sagt Weise, „tun mir die Leute leid, wenn sie mir sagen, ,wir brauchen das doch dringend‘“. Doch für die EU gelten strenge Vorgaben, die Einfuhr von Medikamenten ist verboten.

Was Waren im Postverkehr angeht, sind es vor allem Bestellungen von diversen Online-Portalen, oft mit Sitz in China, die die Käufer ins Zollamt führen. „Manchmal wissen die gar nicht, dass ihre Sachen aus Fernost kommen“, sagt Diederich, fügt aber schnell an: „So abgedroschen es vielleicht auch klingt: Unwissenheit schützt nicht vor Strafe. Wer meint, zum Beispiel das neue pinke DFB-Trikot für nen Zehner bekommen zu können, sollte sich vielleicht vorher Gedanken machen.“ Wenn der Preis zu verlockend klingt, „sollte man gewarnt sein“.

Während es im Fall des Trikots dann beim Schnäppchen vielleicht am Ende „nur“ an der Qualität hapert, kann es bei anderen Fälschungen dagegen mitunter gefährlich werden. Ob der oben erwähnte Kühlergrill „made in Irgendwo“ so robust ist wie ein Original deutscher Wertarbeit dürfte ebenso fraglich sein wie die Wirkung gewisser blauer Pillen aus praktisch nicht nachvollziehbaren Quellen. Die fehlende Sicherheit spiele gerade auch bei Elektronikartikeln eine Rolle. Die hierzulande obligatorische CE-Kennzeichnung und ähnliches fehlen natürlich gänzlich, sagen Unger und Lenz.

Die Wuppertaler Bürgerschaft hat zumindest ein bisschen was von den Plagiaten aus (meist) Fernost. Am Ende werden die nämlich vernichtet – und unter anderem im Müllheizkraftwerk auf Korzert verbrannt. Nachhaltige Energie aus Fälschungen sozusagen.

Text: Manuel Praest

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