Marktstand - Familiensache
Mit Eifeler Brot fing es im April 1974 an, seitdem gehört der Laufs Marktstand zum Inventar der Solinger Wochenmärkte. Nic Graw (26) führt die Tradition fort – und ist nebenbei auch Erzieher.
Udo Laufs erinnert sich gerne zurück, auch wenn es jetzt 50 Jahre her ist. „Damals ist mein Vater, Gerd Laufs, oft mit mir in die Eifel gefahren und hat dort persönlich das Brot geholt.“ Seine Mutter, Hannelore Laufs, hatte vor einem halben Jahrhundert das erste Gewerbe angemeldet und drei Mal in der Woche regionale Backwaren auf dem Solinger Wochenmarkt verkauft – mit dem Eifeler Brot als Spezialität. Als „Kaltbäcker“, wie ihr Sohn, der auch Bäcker gelernt hat, erzählt. Sprich, die Ware musste aus der Eifel erst nach Solingen gebracht werden. Nicht ganz um die Ecke, wie der heute 59-Jährige erläutert. „Damals war die Autobahn ja auch noch nicht durchgehend. Aber das war eine schöne Strecke und ein Erlebnis so als Kind. Zum Beispiel ging es am Nürburgring vorbei und ich saß auch in einem Formel1-Wagen in einer Gaststätte an der Nordschleife.“ Und für das Brot habe sich der Aufwand allemal gelohnt. „Das war schon etwas Besonderes. Vermutlich lag das an der Qualität des Sauerteigs, der Reifezeit und an dem natürlichen reinen Quellwasser in der Eifel.“
Die gute Ware musste später nicht mehr geholt werden, sondern wurde nach Solingen geliefert. „Nachts um eins“, erinnert sich Udo Laufs an kurze Nächte. Dann wurde noch mal geschlafen. „Und um vier ging es dann auf den Markt.“
Im Jubiläumsjahr gehört das Eifeler Brot nicht mehr zum Sortiment. Doch etwas hat sich seit dem Start 1974 nicht geändert: Der Marktstand ist Familiensache. Nachdem Hannelore Laufs das Geschäft bis 1986 geführt hatte, trat Tochter Heike an ihre Stelle – und expandierte. „Sie hat noch einen Kollegen übernommen, der die Märkte in Ohligs und Wald machte, und hat die dann auch beschickt“, erklärt Udo Laufs. Als seine Schwester mit seinem Schwager im Jahr 2000 auswanderte, „hat sie mich gefragt, ob ich den Betrieb weiterführen möchte“. Udo Laufs arbeitete da eigentlich als Bürokaufmann im Einzelhandel, doch lange überlegen musste er nicht. „Natürlich habe ich das gemacht“, sagt er schmunzelnd. „Das war auch einfach mal wieder was anderes, als im Büro zu sitzen.“ Klassisch auf dem Markt verkaufen, an der frischen Luft. „Das macht mir Spaß.“ Bis 2023 war der 59-Jährige gemeinsam mit seiner Frau Martina Graw im Einsatz, ehe er aus gesundheitlichen Gründen kürzertreten musste – und mit seinem Sohn Nic Graw die nächste Laufs-Generation ans Steuer trat.
Auch der kennt die Arbeit am Stand seit Kindesbeinen. „Als Jugendlicher habe ich mitgeholfen.“ Und doch schlug er erst mal einen völlig anderen Berufsweg ein. „Ich bin Erzieher“, erzählt der 26-Jährige, der in der Jugendeinrichtung Hossenhaus arbeitet. Dazu steht er noch vier Mal in der Woche auf dem Markt. „Da gibt es dann schon die eine oder andere Sieben-Tage-Woche“, sagt Nic Graw. Deshalb habe er ein bisschen länger drüber nachgedacht, ob er die Nachfolge antritt. „Aber letztendlich wollte ich einfach die Tradition am Leben erhalten.“
Es war ein fließender Übergang, viele Stammkunden sind geblieben. „Einige kennen sogar noch meine Oma“, sagt Nic Graw. Was die Zukunft der Märkte angeht, ist er aber nicht ganz so optimistisch. Die Konkurrenz der Supermarkt-Ketten, das veränderte Einkaufsverhalten setze den Beschickern schon zu, räumt er ein. Punkten könne man mit regionalen Produkten, ist er überzeugt. „Und das Einkaufen auf dem Markt ist einfach ein anderes, persönlicheres Erlebnis. Hier ist der Kunde noch König.“
Das Sortiment habe man immer wieder mal der Nachfrage angepasst, sagt Udo Laufs. Sein Sohn bietet aktuell noch die beliebten bergischen Stuten, hausgemachte Plätzchen oder auch Qualitätseier aus dem Münsterland an. Ein bisschen Eifel ist auch geblieben: Im Angebot sind noch abgepackte Schnittbrote und Fleischwaren in Gläsern aus der Region. Etwas hat sich dann aber doch geändert. Während die Laufs über Jahrzehnte vom Hänger aus verkauften, „den wir dann auch immer an- und abkoppeln mussten“, hat Nic Graw einen „Selbstfahrer“ und bringt seine Waren direkt aus dem Wagen an den Mann und die Frau. „Das geht einfach schneller“, erklärt sein Vater mit Blick auf die berufliche Doppelbelastung seines Sohnes.
Text: Manuel Praest