Warenströme - Laderaum per Mausklick
Die V. Hovanec Internationale Transporte GmbH vermittelt Lkw-Transporte in ganz Europa. Dafür nutzt sie auch digitale Frachtenbörsen. Auf deren Websites bieten Speditionen Ladekapazitäten an oder suchen Unternehmen Frachträume.
Wer im Börsengeschäft erfolgreich sein will, sollte stets am Ball bleiben und schnell reagieren. Ähnliche Kompetenzen sind an Frachtenbörsen gefragt, wo es um Lkw-Ladekapazitäten geht: Im komplexen Geflecht der Warenströme sollen über solche Börsen die richtigen Partner für Angebot und Nachfrage zusammengebracht werden. Ein Beispiel: Spedition X hat mit dem Lkw Schneidwaren von Solingen nach Wien transportiert. Auf der Rückfahrt ist Platz im Laderaum. Diesen bietet Spedition X über eine Frachtenbörse an. Hier kommen Vermittlerfirmen wie die Solinger V. Hovanec Internationale Transporte GmbH ins Spiel. Als Dienstleister ohne firmeneigene Fahrzeuge vermittelt sie Frachträume.
„Wir gehören zu den ersten Unternehmen, die die mittlerweile größte deutsche Frachten-Börse, die „TimoCom“, genutzt haben. Dieses digitale Geschäft ist heute unverzichtbar“, sagen die Firmeninhaber Maria und Vladislav Hovanec. Zugriff auf die Angebots- und Nachfragelisten der Börse haben nur beitragszahlende Mitglieder. Mit wenigen Klicks vermitteln ihre acht Disponenten so Lkw-Laderäume von westeuropäischen Speditionen an Kunden. Monatlich rund 1.000 Transporte, Komplett- oder Teilladungen, verbucht das Unternehmen. „In unserem Fall handelt es sich meist um Industriegüter wie Stahl, Maschinenbauteile, Papier, Produkte für Baumärkte“, listet Maria Hovanec auf. 80 Prozent ihrer Kunden haben ihren Sitz in Deutschland.
Das Ehepaar hat die Firma 1996 gegründet, nachdem es aus der Slowakei nach Deutschland umgezogen war. Heute sind beide Gesellschafter, er als Geschäftsführer, sie erledigt das Administrative. Dank politischer Veränderungen florierte das Geschäft auf Anhieb. „Nach Öffnung der Grenzen in Osteuropa gab es einen großen Bedarf, Konsumgüter von West nach Ost zu transportieren. Später sorgten Niederlassungen deutscher Firmen im Osten für mehr Warenverkehr“, sagt die Diplom-Ökonomin. „Weil Transportfirmen in Staaten außerhalb der EU hier keine Dienstleistungen anbieten durften, haben wir eine Marktlücke entdeckt. Anfangs haben wir hauptsächlich Rückladungen angeboten.“ Um Leerfahrten zu vermeiden, luden damals die Lkw für die Rückfahrt Waren ein, um sie in den Osten zu bringen.
Von großem Vorteil seien in den 90er-Jahren osteuropäische Sprachkenntnisse gewesen. Das Ehepaar und sein Team können mit Slowakisch, Polnisch, Tschechisch, Russisch und Ukrainisch aufwarten. „Und wir kennen die Mentalität“, betont Vladislav Hovanec. „Im Laufe der Jahre haben wir zu Firmen und Spediteuren vertrauensvolle Geschäftsbeziehungen aufgebaut.“ Viele Kunden aus den Anfangsjahren seien Stammkunden geworden – trotz des Börsengeschäfts. Inzwischen machen deren Aufträge noch 40 Prozent der Vermittlungen aus.
Das Gros der Vermittlungen entfalle auf das Chartergeschäft an den Börsen. Maria Hovanec: „Unsere Disponenten müssen den Markt permanent beobachten.“ Außerdem sei es wichtig, die gängigen Schwankungen und Richtungen der Warenströme zu kennen. Vor Weihnachten etwa vermittele die Solinger Firma im Auftrag von Discountern und Baumärkten Laderäume für Grabgestecke, Adventskränze und Weihnachtsbäume. Erntezeiten in Südeuropa sowie die Zeit vor und nach großen Messen seien ebenfalls Spitzenzeiten, die zu Engpässen im Laderaum-Angebot führen. Das spiegele sich im Preis wider.
Mittlerweile sei das Geschäft schwieriger geworden. Der Warenverkehr habe so stark zugenommen, dass das Angebot an Lkw-Kapazitäten nicht mithalten könne. Auch der Konkurrenzdruck durch große Spediteure sei gestiegen. Aber die Auftragslage der Firma sei weiter gut. „Expandieren wollen wir trotzdem nicht“, betonen die Firmenchefs. Außerdem sei es schwierig, gute neue Mitarbeiter zu finden.
Mit ihrer Belegschaft sind Maria und Vladislav Hovanec sehr zufrieden: „Wir haben ein junges, sehr gutes Team und derzeit einen Auszubildenden.“ Das Engagement ihrer zwölf Mitarbeiter honorieren sie durch Zusatzleistungen wie betriebliche Altersvorsorge, private Kranken-Zusatzversicherung, Laptop, Dienstwagen und Umsatzbeteiligung. Und ein familiäres Betriebsklima trage dazu bei, dass sich alle in stressigen Situationen untereinander helfen.
Text: Sólveig Pudelski