Feuerwerk - Große Effekte
Nico Europe blickt auf 75 Jahre Firmengeschichte zurück. Der Standort an der Stadtgrenze Wuppertal/Remscheid hat sogar noch eine längere Tradition. Das Familienunternehmen bestückt auch Großfeuerwerke.
Nicolas Kandler kann es nicht mehr hören. Wenn Leute von „Knallen“ sprechen, wenn sie doch eigentlich Feuerwerk meinen. „Den Unterschied versuche ich eigentlich in jedem Interview zu erklären“, sagt der Prokurist und Head of Marketing von Nico Europe im Gespräch mit der „Bergischen Wirtschaft“ und schmunzelt: „Und das tue ich natürlich auch jetzt.“ Nein, „Böller“, auch so ein Begriff, den er nicht mag, machten nur einen ganz kleinen Teil aus, von dem, für das Nico stehe. „98 Prozent unserer Produkte sind Feuerwerk, das auf Effekte setzt und nicht den Knall.“ Und auch, wenn die Produktion schon in den 1990er Jahren nach China verlagert wurde, spielt der Firmensitz an der Stadtgrenze Wuppertal/Remscheid eine ganz wichtige Rolle für das Unternehmen, das ansonsten unter anderem in der Bundeshauptstadt residiert.
„Und ein Büro in China haben wir auch“, erklärt Kandler. Genauer in Liuyang, der Welthauptstadt des Feuerwerks, wie der 32-Jährige erläutert. „Das Feuerwerk wurde nun mal in China erfunden.“ Von dort kommen auch die Raketen, Batterien, Fontänen, Schlangen und alles, was zum Jahreswechsel die Menschen in Deutschland glücklich macht. Viele Millionen Raketen importiert Nico pro Jahr.
Doch zurück zum Standort im Bergischen Land. „Der hat für uns definitiv die größte Tradition.“ Bereits 1937 wurde an dem Standort Feuerwerk produziert. Beim Rundgang über das Gelände zeigt Kandler noch ein paar Reste der Produktionsstätten. Die Firma Nico – damals Nico Pyrotechnik - wurde erst 1949 gegründet, in Trittau bei Hamburg. Durch mehrere Übernahmen wuchs das Unternehmen, seit 1994 ist auch das Gelände, das postalisch zu Wuppertal und geographisch zu Remscheid gehört, Teil von Nico.
Und Feuerwerk, das ist bei Nico Familiensache. Vater Michael Kandler ist Geschäftsführer, die Söhne Nicolas und Sebastian (29) sind praktisch seit Kindertagen dabei. „Wir haben Mitarbeiter, die hatten mich als Kleinkind noch auf dem Arm“, erzählt Nicolas Kandler. Dass er mal in den Betrieb einsteigen würde, sei schon früh klar gewesen. „Als Schüler und Student habe ich hier schon gejobbt, zum Beispiel im Lager und in der Logistik. Auch den Gabelstaplerschein habe ich gemacht.“
Und dann sei da natürlich noch die Faszination für das Feuerwerk an sich. Nicolas Kandler ist ausgebildeter Pyrotechniker. Deshalb nutze er, wenn er in Ronsdorf ist, eigentlich immer die Gelegenheit, das Testgelände zu besuchen. Denn die Produkte aus China werden im Bergischen auf Sicherheit und Qualität getestet. Und auch, wenn es viele Klassiker im Sortiment gebe. „Hier probieren wir natürlich neue Sachen aus.“
Der Weg zum Gelände führt aus dem Büro raus, vorbei an Lagerhallen ins Grüne. Reste von Raketen, Böllern & Co. liegen auf einer Asphaltfläche, auf die Kreise gemalt sind. Es gibt verschiedene Klassen von Feuerwerk. „Und das sind die Radien, wie weit sich Teile davon bewegen dürfen“, erklärt Nicolas Kandler. Die Regeln in Deutschland seien streng – sogar strenger als der Rahmen der EU, „was wir unterstützen“. Sicherheit gehe vor und gerade die illegalen Böller aus dem Ausland seien ein großes Problem.
Ein Thema, das Kandler wichtig ist: Feuerwerk werde bei vielen nicht unbedingt mit Umweltfreundlichkeit und Nachhaltigkeit in Verbindung gebracht. „Beides spielt bei uns jedoch eine große Rolle.“ So setze Nico zum Beispiel längst auf recyceltes Papier, vermeide wo es geht Plastik. Die Kappen, die zum Beispiel vermutlich jeder von den Zündschnüren der Raketen kennt, sind schon lange aus anderen Materialien.
„Green Line“ heißt die Produktlinie. Müllvermeidung stehe dabei im Fokus. Viel wurde etwa bei den Verpackungen getan, zeigt Nicolas Kandler anhand von Beispielen. Gerade was das Thema Müll angeht, sieht er aber auch den Verbraucher in der Pflicht.
Bereits in den 1990er Jahren hatte es Nico übrigens mit einer Ökolinie versucht – und war „krachend gescheitert“, wie der Marketingchef von seinem Vater weiß. Der Begriff „Öko“ sei ein Rausschmeißer gewesen. Das habe sich aber mittlerweile geändert, die Akzeptanz bei der Kundschaft sei da. „Und das wichtigste: Es hat keinerlei Einfluss auf die Qualität der Effekte etwa der Batterien“, sagt Nicolas Kandler. Gearbeitet wurde auch an der Geräuschreduzierung. Wobei der 32-Jährige dabei an sein Eingangsstatement erinnert: „Der Knall ist nicht das Wichtige.“
Ein wichtiges Standbein von Nico sind auch Großfeuerwerke. Veranstaltungen wie „Rhein in Flammen“ etwa in Koblenz und Bonn, die Rheinkirmes und der Japan-Tag in Düsseldorf vertrauen auf das Know-How von Kandlers Kollegen und das seit Jahrzehnten. „Da sind wir sehr stolz drauf.“ Und geplant werden diese Highlights ebenfalls in Ronsdorf.
„Das ist schon eine Wissenschaft für sich“, erzählt Nicolas Kandler zum Beispiel von Pyro-Musicals, bei denen Musik und Feuerwerk punktgenau abgestimmt werden.
Was die Geschäfte angeht, sei die Corona-Zeit natürlich „extrem hart“ gewesen, blickt Nicolas Kandler zurück. „Das kam ja praktisch einem Berufsverbot gleich.“ Doch Nico habe es letztendlich überstanden, ohne Entlassungen. „Und die Menschen hatten nach Corona wirklich Nachholbedarf bezogen auf Feuerwerk.“
80 Prozent des Jahresumsatzes werden naturgemäß an den letzten drei Werktagen des Jahres gemacht. „Nur dann darf Silvesterfeuerwerk verkauft werden“, erläutert Nicolas Kandler. Und dann öffnet Nico Europe seine Tore zum Lagerverkauf. Für viele Menschen in der Region ein Pflichttermin, der mit seinem Begleitprogramm schon fast Event-Charakter hat.
[Und wie feiert jemand Silvester, der praktisch aus dem Vollen schöpfen könnte, was alle Arten von Feuerwerk angeht? Nicolas Kandler lächelt. „Eher beschaulich.“ Eine großer Batterieverbund sei genug. Mehrere Minuten brenne die ab. „Und das reicht mir.“
Text: Manuel Praest