Neuer Studiengang Nachhaltigkeit - Für alle von allen
Ab dem Wintersemester 2025 wird bei der CBS International Business School in Solingen der duale Masterstudiengang „Nachhaltigkeitsmanagement“ angeboten, der von Prof. Wulf-Peter Schmidt als Stiftungsprofessor geleitet wird.
Nach über 26 Jahren bei Ford Europa, zuletzt als „Direktor Nachhaltigkeit“, sind Sie nun als Stiftungsprofessor an der Hochschule CBS tätig, warum?
Ganz einfach: Ich möchte meine Erfahrung und mein Wissen teilen, an die nächste Generation weitergeben. Wie nehmen wir möglichst viele mit bei der Transformation? Wie funktioniert die Umsetzung technisch und organisatorisch? Wie erreichen wir die SDGs, die Ziele für nachhaltige Entwicklung? Ich möchte Multiplikatoren gewinnen, die in Unternehmen branchenübergreifend Nachhaltigkeit integrieren. Der Studiengang soll darin ausbilden, Herausforderungen im Bereich Nachhaltigkeit zu meistern. Das finde ich spannend!
Ist der Masterstudiengang Nachhaltigkeitsmanagement an der CBS Solingen einzigartig in Deutschland?
Die Grundsatzidee des dualen Studiums ist, dass die Absolventen als eine Art Brückenbauer oder „Change Agents“ in die Lage versetzt werden, in einem Unternehmen an allen Stellen, in jeder Abteilung Nachhaltigkeit zu implementieren, also nicht nur etwa in einer Stabsstelle für Nachhaltigkeit tätig zu sein. Studierende lernen hier Methoden und Techniken, um das Unternehmen ganzheitlich entwickeln zu können. Es ist wichtig, dass man den Gedanken durchdekliniert. Denn Nachhaltigkeit betrifft alle Bereiche des Unternehmens – die Verfolgung der Lieferketten, das Erstellen von Ökobilanzen für ein bestimmtes Produkt bis hin zur Erreichung der Klimaneutralität für die Gesamtheit. In dieser Ausrichtung denke ich, sind wir schon ziemlich einzigartig. In dem Studium wollen wir den theoretischen Unterbau und die konkrete Umsetzung miteinander verknüpfen.
Inwieweit profitieren die Unternehmen, deren Mitarbeitende Nachhaltigkeitsmanagement an der CBS studieren?
Zunächst einmal investieren sie in Mitarbeitende, die daran interessiert sind, sich in diesem Bereich weiterzuentwickeln. Das ist ein wichtiger Schritt, um diese qualifizierten Menschen im Unternehmen zu halten. Aber vom ersten Semester an entsteht auch ein Mehrwert fürs Unternehmen, indem der oder die Studierende das Erlernte im Unternehmen einbringt, Veränderungsprozesse begleitet oder gar initiiert. Studieninhalte sind ja sowohl technische Prozesse etwa der Kreislaufwirtschaft und der Energiegewinnung als auch Management-Tools wie die nachhaltige Strategieentwicklung und -implementierung. Wichtig ist uns, Nachhaltigkeitsstrategien und -konzepte nicht nur am Reißbrett zu betrachten, sondern die realistische Umsetzung im Unternehmen zu prüfen. Gerade für Mittelständler bietet sich hier die Gelegenheit, die Erfüllung von Nachhaltigkeitsvorgaben mit einem Instrument zur Mitarbeitergewinnung und -weiterentwicklung zu kombinieren. Die Studierenden übernehmen in ihrer Rolle als „Change-Agents“ Verantwortung für die nachhaltige Weiterentwicklung des Unternehmens. Das kann im besten Fall zu einer positiven Mindset-Veränderung im wirtschaftlichen Gesamtkontext führen.
Welchen Nutzen sehen Sie auf Seite der Unternehmen, die die Stiftungsprofessur finanzieren?
Die stiftenden Unternehmen haben vorausschauend erkannt, dass die doppelte Transformation der Nachhaltigkeit und Digitalisierung zentral für ihren langfristigen wirtschaftlichen Erfolg ist. Und dafür benötigt man nun einmal gut ausgebildete Fachkräfte auch hier im Bergischen Land, die man durch einen solch breit angelegten Studiengang generiert. Die Solinger Unternehmen BIA, Fourtexx, Item sowie der Vorstand der Stadt-Sparkasse Solingen und die Thomas Gabriele Meyer-Stiftung geben hier einen wichtigen Anschub für die bergische Wirtschaft und übernehmen durch die Stiftungsprofessur unternehmerische Verantwortung fürs Gemeinwohl.
Ihr Wunsch an die Unternehmerschaft in der Region?
Dass die Chance aufgenommen wird. Nachhaltigkeit und Klimaschutz sind inzwischen oftmals auch die Eintrittskarte für viele Aufträge. Auch in ein neues Level von Geschäftsmodellen kommen Unternehmen heute gar nicht mehr, wenn nicht bestimmte Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigt werden. Dafür sorgt unter anderem die EU-Gesetzgebung. Also eröffnen Nachhaltigkeit und Klimaschutz auch Chancen! Absehbar wird es keine Märkte mehr für Nein-Sager geben.
Für wen eignet sich der Studiengang?
Im Grunde für alle Bachelor-Absolventen, die ihr Unternehmen in Sachen Nachhaltigkeit ganzheitlich voranbringen wollen. Wir nähern uns auf wissenschaftlichem Weg einem komplexen Problem, erarbeiten ganzheitliche Lösungswege und auch die Umsetzung. Schließlich soll auch jeder Studierende überlegen, welche Anwendung dies in seinem oder ihrem Unternehmen finden könnte, so dass wir immer aus der Theorie ganz konkret in die Praxis kommen. Da unsere Studierenden unterschiedliche Voraussetzungen mitbringen, teils Ingenieure, teils Ökonomen oder auch mit einem HR- oder Strategie-Hintergrund, bieten wir studienbegleitend so genannte „Guided Self Studies“ an, damit möglichst alle auf dem gleichen Stand sind.
Sie selbst leben Nachhaltigkeit auf möglichst vielen Ebenen, sind sogar mit dem Rad von Spanien nach NRW gefahren?
Ja, ich versuche zu leben, was ich „predige“. Denn schließlich hat jedes Handeln, jede Aktion in unserem Leben einen Einfluss auf die Nachhaltigkeit – im Guten wie im Schlechten. Im Oberbergischen haben wir, meine Frau und ich – unsere erwachsenen Kinder leben inzwischen beide in Großbritannien – eine einfache Holzhütte am Waldrand, ohne Heizung, da verbringe ich, wenn es warm genug ist, gern meine Wochenenden, pflanze Bäume und fahre Rad. Und, ja, im letzten Jahr bin ich im Urlaub mit dem Zug nach Cádiz gefahren und von dort aus mit dem Fahrrad – ohne E-Antrieb - zurück. Einfach, um die Erfahrung zu machen, ob es geht. Es geht, wenn auch nicht ohne Hindernisse, aber dafür mit einmaligen Erfahrungen und der Möglichkeit, Abstand zu gewinnen.
Was bedeutet es für Sie, Nachhaltigkeit in die Fläche zu bringen?
Unser gemeinsames Ziel muss es sein, dass Nachhaltigkeit für alle von allen erreicht wird. Eine Nachhaltigkeit für alle Unternehmen und Organisationen, die von möglichst allen, also uns allen getragen wird, und jeder im Unternehmen – top down – Verantwortung in seinem Bereich übernimmt. So können wir effektiv etwas bewirken. Schließlich gefährdet die Klimakrise auch Geschäftsgrundlagen von Unternehmen. Manche sehen in den Nachhaltigkeitsberichtspflichten nur Bürokratie. Aber die geforderte Transparenz ist nicht nur für Investoren und B2B Kunden wichtig! Ich wünsche mir, dass es am Ende immer mehr Führungskräfte gibt, die diese Entwicklung als Chance sehen, etwa, indem sie die erhobenen Daten auch zur effektiven Steuerung ihres Unternehmens nutzen und, um sich von der z.B. chinesischen Konkurrenz durch nachhaltigeres und ethisches Wirtschaften abzugrenzen. Weil sie erkennen, wo die Probleme in ihrem Unternehmen oder in ihrer Lieferkette liegen, und wie sie angehen – unter anderem mit den an der CBS ausgebildeten Master-Studenten.
Text: Liane Rapp