Zusammenarbeit - Handel ist kein Nullsummenspiel

Der Bergische Bundestagsabgeordnete Jürgen Hardt befasst sich seit vielen Jahren intensiv mit dem Verhältnis USA – EU.

Herr Hardt, Sie waren am 20. Januar in Washington dabei und sprachen nach der Vereidigung Donald Trumps von einem „frostigen Tag, sowohl meteorologisch als auch politisch“. Gilt diese Einschätzung auch in wirtschaftlicher Hinsicht?

Ja, auf jeden Fall. Die Auseinandersetzungen zwischen der EU und der Nato auf der einen und den USA unter Präsident Trump auf der anderen Seite betreffen sowohl die globale Außen- und Sicherheitspolitik als auch die Wirtschafts- und Welthandelspolitik. Beides war zu erwarten und beides hat sich in den ersten Wochen der Amtszeit ja auch schon bestätigt. Es sind schwierige Zeiten angebrochen. Leider war unter der Ägide Bidens zu wenig dafür getan worden, um zumindest größere Baustellen aus dem Weg zu räumen. Ich gebe aber die Erwartung nicht auf, dass auch mit Trump eine fruchtbare Zusammenarbeit möglich ist.

Was genau meinen Sie damit?

Ich meine damit unter anderem das nicht final abgeschlossene Verfahren rund um die Subventionen für Boeing und Airbus. Jahrelang hatte der Streit zwischen den Partnern dies- und jenseits des Atlantiks geschwelt. Dann war es im Sommer 2021 – also unter Biden – zwar zu einer Einigung mit der Europäischen Union gekommen. Das damals verabschiedete Fünf-Jahres-Abkommen sieht vor, dass gegenseitige Strafzölle ausgesetzt werden. Aber eben nur für die Dauer von fünf Jahren. Ein Blick auf den Kalender genügt, um zu sehen, dass das Thema allerspätestens im Sommer 2026 wieder akut geworden wäre. Wir sehen allerdings schon aktuell, dass Trump diese „Friedenspflicht“ nicht einhält und es schon jetzt wieder Zölle von 25 Prozent auf Stahl und Aluminium gibt. Und natürlich könnte er in Zukunft auch noch völlig neue Strafzölle erheben. Durch diesen im Kern ungeklärten Streit macht man es ihm besonders einfach.

Haben Sie noch ein weiteres Beispiel?

Allerdings. Nicht nur ich finde es sehr bedauerlich, dass in den vergangenen vier Jahren kein ernsthafter Versuch unternommen worden ist, die TTIP-Debatte wieder stärker zu beleben und mittelfristig zu einem Abschluss zu bringen. Seit mehr als zwölf Jahren laufen Verhandlungen zu diesem wichtigen transatlantischen Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU. Mit anderen Wirtschaftsnationen klappt es doch auch – siehe Kanada und Japan.

Zählen Sie auch eine fehlende gemeinsame Strategie gegenüber China als Versäumnis?

Das wäre in der Tat mein drittes Beispiel. Dabei kann und soll es keinesfalls darum gehen, eine Art wirtschaftliche Frontstellung des Westens aufzubauen, die von China als feindliches Verhalten gewertet werden könnte. Doch natürlich könnten die EU und die USA bei fairen Verhandlungen ein gemeinsames Gewicht in die Waagschale werfen, das China nicht ignorieren kann – zumal es der Staatsführung in Beijing extrem wichtig ist, den Außenhandel aufrecht zu erhalten, um innenpolitisch Ruhe zu haben. Auch diese Chance für die EU sehe ich auf lange Sicht vertan.

Trump gilt nach wie vor als „Fan des Deals“. Wie bewerten Sie sein wirtschaftliches Denken, auch nach den Erfahrungen der ersten Amtszeit?

Ein Deal muss ja nicht zwingend etwas Schlechtes sein. Ich denke da beispielsweise an die Absprachen seinerzeit zwischen dem damaligen EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker und Donald Trump hinsichtlich Verzicht auf Automobil-Zölle auf der einen und verstärkte Einfuhr von Soja-Futtermittel auf der anderen Seite. Das war ein positiver Deal. Trump allerdings sieht die Handels- und Wirtschaftspolitik als Nullsummenspiel. Wenn der eine gewinnt, wird dem anderem zwingend etwas weggenommen. Das ist schlichtweg falsch, wie praktisch alle Wirtschaftsexperten bestätigen. Erfolgreiche Verhandlungen zeichnen sich vielmehr dadurch aus, dass am Ende Win-Win-Situationen stehen. Und noch etwas: Trump glaubt ja, oder behauptet es zumindest, dass die USA in den letzten Jahren immer der große Verlierer in diesem Spiel gewesen seien. Auch das ist nicht richtig.

Wie blicken Sie auf die kommenden vier Jahren – und ihre Folgen auch für die Bergische Wirtschaft?

Der US-Präsident hat in seiner ersten Amtszeit gelernt, dass das erste Amtsjahr das wichtigste ist. Deswegen legt er ein solches Tempo vor. Meine These ist, dass die bergische Wirtschaft mit Herausforderungen konfrontiert sein wird, mit diesen aber weitgehend gut umgehen kann. Die Aufgabe der Politik ist es, die deutsche und europäische Wirtschaft zu unterstützen, wenn sie durch Washington in Bedrängnis gerät. Dazu gehört es, den intensiven Austausch mit den weiteren wichtigen Entscheidern in den USA zu pflegen und zu intensivieren, unter anderem mit Senat und Repräsentantenhaus.

Das Gespräch führte Daniel Boss.

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