Ein Traum wird Wirklichkeit - Der Brückensteig

Der Wuppertaler Søren Walla und das Team von Deepwood konzipieren Teamtrainings und -events. Über zehn Jahre dauerte es, bis er die Idee vom Brückensteig im August 2021 realisieren konnte. Rund 100.000 Gäste haben die Tour über die Müngstener Brücke bisher gewagt.

Herr Walla, wie oft waren Sie schon auf dem Brückensteig?

So um die 50-mal, viele Trainer waren häufiger als ich oben. Ich empfinde es als etwas ganz Besonderes, dort oben zu stehen, die Höhe zu spüren, den Stahl anzufassen und diese einzigartige Brücke über dem Tal der Wupper zu erleben.

Was war Ihr erstes Teamevent, der erste Job?

Während meines Studiums der Wirtschaftspsychologie an der Bergischen Universität gab es einen Kontakt zur Führungsetage der RWE. Die haben uns eine Chance gegeben, obwohl wir komplette Newcomer waren. Aber diese erste Teamentwicklung hat offensichtlich überzeugt, so dass Folgejobs sowie Anfragen von anderen großen Unternehmen reinkamen, und so ging es dann weiter.

Der Name Ihres Unternehmens „Deepwood“ steht für …?

… nicht ausgetretene Pfade. Wir wollen gern neue Wege gehen, eine neue Umgebung wählen, in der Teilnehmer in Trainings Unbekanntes erlernen und über sich hinauswachsen können. In diesem Sinne bieten wir außergewöhnliche und individuell abgestimmte Teamevents, Kickoffs, Incentives sowie Module aus den Bereichen der Individual-, Team- und Organisationsentwicklung an. Der Name steht auch für unsere Affinität zu Outdoor-Aktivitäten, die wir gern in Veranstaltungen einbauen. Im Rahmen unserer Teamtrainings geht es oft darum, eine Haltung zu ändern. Das ist aber das, was wir Menschen als Letztes tun. Die einzige Chance, Verhalten zu ändern, ist, durchs limbische System durchzukommen. Und das schaffen wir nur mit Emotionen. Ich ändere mein Leben am ehesten, wenn ich etwas erlebe, das mich nachhaltig beeindruckt. Deshalb empfehlen wir emotionsauslösende Aktivitäten, weil es uns Menschen rausholt aus dem Gewohnten. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Verhalten der Teilnehmer verändert, etwa in Bezug aufs Team oder Unternehmen.

Welchen „Return of Invest“ bekommen die Firmen, die mit Ihnen zusammenarbeiten?

Eines der Ziele von vielen Teamtrainings ist, dass Mitarbeitende darin bestärkt werden, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Gute Entscheidungen sind für jedes Unternehmen von großem Wert. Falsche Entscheidungen können viel Geld kosten. In den Veranstaltungen, die wir anbieten, wollen wir unter anderem erreichen, dass am Ende im Team nichts mehr unter der Oberfläche schwelt, dass Konflikte bereinigt sind und die Teilnehmer befähigt werden, ihre eigenen und die Firmen-eigenen Ziele zu erreichen.

Sie kommen aus einer Familie von Pädagogen, haben unter anderem Mathe, Sport und Theologie auf Lehramt studiert. Wie kam der Sprung zur Team- und Organisationsentwicklung?

Ich habe schon als Schülersprecher erlebnispädagogische Veranstaltungen für jüngere Jahrgänge gemacht. Weil das gut lief, dachte ich, so etwas würde ich gern beruflich machen. Alle drei Studienfächer haben mir dabei geholfen. Neben dem Sport – ich hab früher viel Handball gespielt und Leichtathletik gemacht – war es vor allem die Theologie, die mich den kritischen Umgang mit Texten und Theorien gelehrt hat. Es hilft etwa bei der Konzeption von Werte-Workshops, die immer mehr nachgefragt werden.

Wie kamen Sie auf die Idee zum Brückensteig?

Tatsächlich stand ich 2009 unter der Müngstener Brücke, weil wir dort im Wald ein Teamevent umsetzten, schaute hinauf und dachte, dass es wirklich außergewöhnlich sei, wenn man diese Brücke für Teamevents nutzen könnte. Wir haben uns hingesetzt, die Idee recherchiert und fanden eine Referenz – den Bridgeclimb in Sydney. Wir sind tatsächlich da hin, haben uns mit den Leuten vor Ort getroffen, ein Konzept geschrieben und das dann bei der Deutschen Bahn eingereicht.

Und dann?

Tat sich erst einmal nichts. Doch nach längerer Zeit kam eine Mail, in der stand so etwas wie ‚Das klingt spannend‘. Das war für mich das Zeichen: Ich bleibe dran. Aber, dass so ein langer, holpriger Weg vor uns lag, war mir damals nicht klar. Zum Glück, denn sonst hätte ich vermutlich auf halber Strecke aufgegeben. Denn es gab auch immer wieder Argumente, die das Potenzial hatten, meinen Traum platzen zu lassen.

Wann war klar, das wird jetzt was?

Als wir die Plattform auf hundert Metern bauen konnten, war klar, dass wir damit den Auflagen des „Fauna-Flora-Habitat-Gebiets“ entsprechen. Denn, indem wir den Brückenbogen queren und auf der gleichen Seite der Brücke auf Solinger Seite wieder herunterklettern, konnten wir dieses Problem lösen. 2019 kam dann auch grünes Licht von den Kommunen. Und schließlich konnten wir einen Mietvertrag mit einer Laufdauer von zwanzig Jahren mit der DB vereinbaren.

Nun gibt es diese Attraktion seit dreieinhalb Jahren, läuft das Geschäft?

Wir sind voll zufrieden, ja. Es sind jetzt fast 100.000 Menschen, die den Brückensteig erlebt haben und wir bekommen nur positives Feedback, fast durchweg 5 Sterne-Bewertungen. Die Jüngsten sind im Grundschulalter und gehen mit ihren Eltern oder anderen Erwachsenen, die Ältesten sind über 80, wenn auch körperlich fit, und sind genauso begeistert. Wir nutzen den Brückensteig auch für Teamevents und neben Privatpersonen buchen es viele Unternehmen. Und über unser Portal „Bergische Erlebniswelten“ werden auch viele Geschenkgutscheine gekauft.

Die „Bergischen Erlebniswelten“ sind ein weiterer Baustein Ihres regionalen touristischen Engagements?!

Ja, das ist noch ausbaufähig, aber dort findet man eben jede Menge Ideen für Erlebnisse direkt vor der Haustür, darunter Angebote wie einen Messerschmiedekurs, Wein-Tasting in Wuppertal oder eine Ballonfahrt übers Bergische.

Für alle, die, die Höhenangst haben – sollten die es mit dem Brückensteig trotzdem mal probieren?

Ich kann nur sagen, dass es bei der Tour eine hundertprozentige Sicherheit gibt. Wir haben das Sicherungssystem so entwickelt, dass wirklich nichts passieren kann. Außerdem wird jeder, der aus welchen Gründen auch immer, beim Auf- oder Abstiegs Probleme hat, von einem Guide begleitet.

Sind Sie stolz auf dieses Projekt?

Voll stolz! Es ist für mich ein Beispiel dafür, dass man fast alles erreichen kann, wenn man sich nur reinhängt. Ich war vor einigen Wochen mit meiner achtjährigen Tochter oben und hab ihr dann gesagt: Wenn du mal Steine in den Weg gelegt bekommst, denk an diese Brücke. Du musst nur lange genug an etwas glauben und bereit sein, dafür zu kämpfen, aus einem Nein ein Ja zu machen, Grenzen zu verschieben. Diesen Enthusiasmus, dieses Engagement und mehr Aufbruchstimmung wünsche ich mir aktuell auch für unser Land und unsere Region. Dann können wir etwas bewegen.

Nun gibt es eine Bewerbung, dass die Brücke zusammen mit fünf anderen europäischen, ähnlich gebauten Brücken zum UNESCO-Welterbe gehören soll. Inwieweit ist der Brückensteig da ein Gamechanger?

Zuerst war das auch ein Grund, warum das Projekt scheitern sollte. Aber dann haben uns Welterbe-Experten erklärt, dass es von großem Wert ist, wenn ein solches Bauwerk mit Kopf, Hand und Herz erlebbar ist. Und nun steht das Projekt mit im Welterbe-Antrag. Weil der Brückensteig die Attraktivität und Einzigartigkeit der Brücke fördert.

Was gefällt Ihnen – neben dem Brückensteig – im Bergischen besonders gut?

Ich mag die zahlreichen Talsperren in Kombination mit den Relikten vergangener Industriekultur. Zu wissen, dass Innovation hier möglich war, stimmt mich optimistisch, dass das auch in der Zukunft so sein kann. Was ist Ihr Geheimtipp im Bergischen? Die im Zuge der Buga 2031 errichtete Hängebrücke mitten durch unsere Stadt (zwinkert).

Das Gespräch führte Liane Rapp.

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