Alarmierende Zahlen - Weniger Geld für Innovationen
Hagen Hintze vom IHK-Geschäftsbereich Starthilfe, Unternehmensförderung, Recht fasst die allgemeine Lage im Bergischen zusammen. Er sieht eine große Unzufriedenheit mit den Standortbedingungen in Deutschland.
Herr Hintze, mit Blick auf die Zahlen: Wie investitionsfreudig sind die bergischen Unternehmen aktuell?
Laut der IHK-Konjunkturumfrage zum Jahresbeginn wollen lediglich 19 Prozent der bergischen Unternehmen ihre Investitionsausgaben im Jahr 2025 gegenüber dem Vorjahr erhöhen. 28 Prozent beabsichtigen dagegen, ihre Ausgaben zu senken, 35 Prozent möchten sie konstant halten. Wie bereits in den vorherigen Umfragen erklären 18 Prozent der Betriebe, dass sie keine Investitionen tätigen. Wir müssen daher damit rechnen, dass die bergische Wirtschaft ihre Budgets für neue Gebäude, Maschinen und Anlagen sowie Betriebs- und Geschäftsausstattungen in diesem Jahr kürzt. Das ist besorgniserregend, weil sie bereits im Jahr 2024 deutlich schrumpften. Dabei sind Investitionen für das Wirtschaftswachstum von zentraler Bedeutung.
Woran liegt die starke Zurückhaltung?
Ein wichtiger Grund für die geringe Investitionsbereitschaft der bergischen Wirtschaft ist die schlechte konjunkturelle Lage, die in vielen Unternehmen zu Absatzproblemen führt. Aber auch die Unzufriedenheit mit den Standortbedingungen in Deutschland trägt zum ungünstigen Investitionsklima bei. Die ausufernde Bürokratie hat sich zu einem Investitionshemmnis entwickelt. Planungs- und Genehmigungsverfahren dauern deutlich zu lange. Außerdem sind die Energiepreise hierzulande überdurchschnittlich hoch. Dies schwächt die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Die staatliche Energiepolitik ist daher dringend reformbedürftig. Auch der Fachkräftemangel blockiert Investitionen, weil Erweiterungsvorhaben regelmäßig zusätzliche qualifizierte Arbeitskräfte erfordern. Die Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank lassen hoffen, dass sich die Finanzierungskonditionen im Jahr 2025 verbessern werden. Sie könnten als Investitionshemmnis an Bedeutung verlieren.
Welche Investitionen werden vor allem verschoben oder ganz gestrichen?
In vielen Unternehmen sind die Produktionskapazitäten unterausgelastet. Dies hat zur Folge, dass Betriebserweiterungen nur eine untergeordnete Rolle spielen. Aktuell planen nur 14 Prozent der Industriebetriebe, zusätzliche Maschinen und Anlagen anzuschaffen. Im Boom-Jahr 2018 waren es noch 46 Prozent. Außerdem gibt die bergische Wirtschaft zurzeit weniger Geld für Produktinnovationen aus. Auch dies ist alarmierend, weil neue Produkte das Wachstum ankurbeln können. Viele Unternehmen beschränken sich auf Ersatzinvestitionen. Alte Produktionsanlagen werden ausgewechselt, wenn sie technisch überholt oder verschlissen sind.
Gibt es große Unterschiede bei der Investitionsbereitschaft zwischen den Branchen?
Der Dienstleistungssektor schneidet gegenwärtig bei allen Konjunkturindikatoren besser ab als die Industrie. Er blickt deutlich optimistischer in die Zukunft als das Produzierende Gewerbe. Dies spiegelt sich auch in der höheren Investitionsneigung der Dienstleistungsbetriebe wider. Während diese per Saldo zusätzliche Arbeitskräfte einstellen, baut die Industrie Stellen ab. Allerdings ist vielen unternehmensnahen Dienstleistern bewusst, dass ihr Geschäftsmodell von den Zukunftschancen der Industrie abhängt. Im produktionsnahen Großhandel und im Verkehrsgewerbe ist das Investitionsklima ähnlich schlecht wie in der Industrie.
Welche Branchen stehen derzeit ganz gut da?
Bei den IT-Dienstleistern laufen die Geschäfte vergleichsweise gut. Sie können vom Trend zur Digitalisierung profitieren. Aber auch in dieser Branche stellen viele Unternehmen fest, dass ihre Kunden derzeit nur zögerlich investieren und IT-Projekte aufschieben. Daneben gibt es Wirtschaftszweige, die nur unterdurchschnittlich von der schwachen Konjunktur betroffen sind. Hierzu zählen beispielsweise Wirtschaftsprüfer und Steuerberater. Auch die Kreditinstitute können sich trotz des konjunkturellen Gegenwinds gut behaupten.
Text: Daniel Boss