DIHK-Präsident - Mehr Attacke
Peter Adrian, Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer, hat als Gast der Bergischen IHK über seine Rolle in der aktuellen Politik gesprochen und darüber, was Berlin jetzt für die Wirtschaft leisten sollte. Die Unternehmen fordern ein bestimmteres Auftreten der DIHK.
Es war ein Brief, der die Sorgen und Nöte der Wirtschaft auf den Punkt brachte, der den Druck, politische Veränderungen herbeizuführen und laut für die Wirtschaft einzustehen, unterstrich. Es wurde „Brandbrief“ genannt, was das Präsidium der Bergischen IHK im September an die DIHK und ihren Präsidenten Peter Adrian verfasste. Adrian hat es als Einladung zur Diskussion verstanden. Er kam jetzt nach Wuppertal, um im 19. Stock des Sparkassenturms mit gut 80 Unternehmerinnen und Unternehmern zu diskutieren und ihnen seine Sicht der politischen Lage zu erklären.
Adrian trat als Diplomat auf. Er kennt die Themen genau, die die Wirtschaft belasten. Er hat Zugang zur Regierung und zur kommenden Regierung in Berlin. Aber daraus folgt nicht, dass er laut auftritt und Türen knallt. „Die Frage ist, wie laut schlage ich die Tür zu und geht sie beim nächsten Mal nochmal auf?“
Dennoch wirkte Adrian bestimmt. Er sagte, in den vergangenen Jahren sei viel Vertrauen in den Wirtschaftsstandort Deutschland kaputtgegangen. Jahre, in denen die Wirtschaft geschrumpft sei. Dabei sei Vertrauen nötig, damit Firmen investieren. Infrastruktur, Fachkräfte, Energie – was früher einmal Vorteile in Deutschland gewesen seien, genau das seien heute die Probleme. Alles vor dem Hintergrund ineffizienter Bürokratie.
Adrian hegt Hoffnung, dass CDU und SPD, die über eine Regierungsbildung verhandeln, die Themen identifiziert haben, die für einen Aufschwung sorgen können. Gleichzeitig mahnte er, dass auch das Investitionspaket, das gerade beschlossen worden ist, verpuffen könnte, wenn keine „ambitionierte Reformagenda“ damit einhergehe. Die aktuellen Vergaberichtlinien der öffentlichen Hand würden auch das viele Geld ineffizient machen. „Wir brauchen Reformen, die Wachstumseffekte entfalten“, sagte er.
Gleichzeitig machte Adrian deutlich, dass es mit mehr Wirtschaftswachstum weniger Bedarf für die neuen Schulden gegeben hätte. „Hätten wir in den vergangenen Jahren zwei Prozent Wachstum gehabt, hätten wir die 500 Milliarden selbst erwirtschaftet“, sagte er. Und dass es eine große Bereitschaft gebe, privates Geld zu investieren – wenn es denn erwirtschaftet würde.
Wie sehr die politische Situation den Unternehmen Sorge bereitet, machte bereits Axel Jütz, Vorstandsvorsitzender der Stadtsparkasse Wuppertal, in seiner Begrüßung deutlich. Als Sparkasse kenne man die Probleme der Wirtschaft. Und viele seien von der Politik hausgemacht: die regulatorische Belastung, die Energiepreise, die sprunghaften Entscheidungen. Es fehle der sichere Rahmen. Das betonten auch die Unternehmerinnen und Unternehmer in der anschließenden Diskussion. Es gab Beiträge, die beinahe Verzweiflung an der Politik zum Ausdruck brachten: „Warum verstehen die Politiker die Probleme der Wirtschaft nicht?“ – „Brauchen wir erst Millionen Arbeitslose, damit sich etwas ändert? – „Wir brauchen viel schnellere Entscheidungen von der Politik und als Wirtschaft und IHK mehr Klarheit im Auftreten“. IHK-Präsident Henner Pasch sprach von einem „Fachkräftemangel bei den Politikern“, da er den Eindruck habe, dass viele Abgeordnete nicht die wirtschaftliche Kompetenz hätten, die nötig sei. „Das soll aber kein Politiker-Bashing sein“, stellte er klar.
IHK-Hauptgeschäftsführer Michael Wenge fasste den Abend so zusammen, dass die Unternehmen, sich „mehr Attacke“ wünschten – ein bestimmteres Auftreten der DIHK in Berlin. Der Moderator Stefan Kirschsieper stellte das in den Kontext bergischer Unternehmertradition: „Die bergischen Unternehmen fühlen sich verantwortlich. Sie wollen, dass sich etwas verändert, aber sie wollen auch ihren Teil dazu beitragen.“
Das war auch die Botschaft an Peter Adrian: Treten Sie laut auf, machen Sie die Forderungen klar – von Seiten der Bergischen IHK geben wir Ihnen jede Unterstützung, die Sie brauchen.
Text: Eike Rüdebusch