Neueröffnung in Wuppertal - Synergien dank Coworking

Wie sehen die neuen Arbeitswelten aus? Wolf-Nicolas Henkels, Betreiber des Studio One in Wuppertal, spricht im Interview über die Chancen, aber auch die Herausforderungen von Coworking-Spaces.

Sie haben gerade am Neumarkt in Wuppertal das Studio One mit 70 Coworking-Arbeitsplätzen und Konferenzräumen eröffnet. Steht das nicht dem Trend entgegen, dass viele große Firmen ihre Belegschaft aus dem Homeoffice wieder ins Büro zurückbeordern?

Manche Unternehmen trauen ihren Mitarbeitern nicht zu, dass sie auch zu Hause produktiv sind. Ich persönlich sehe das anders: Man ist sogar produktiver. Und ein Coworking-Space kann dann eine sinnvolle Ergänzung sein. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben eine wohnortnahe Alternative, um zu arbeiten, müssen nicht mehr jeden Tag pendeln. Sie sparen also Zeit. Es gibt bereits Firmen, die die Kosten für den Coworking-Space ihrer Angestellten bezuschussen – weil sie ja so umgehen, selbst für einen angemessenen Homeoffice-Arbeitsplatz zu sorgen.

Wer ist Ihre Zielgruppe? Eher Selbstständige oder Angestellte, die statt Homeoffice lieber ins Coworking gehen?

Ganz klar beide. Selbstständige und Gründer sind zwar schon die Hauptzielgruppe, aber es kommen auch immer mehr Arbeitnehmer dazu. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass aus Wuppertal täglich mehr als 50.000 Menschen zur Arbeit pendeln.

Sie gehörten zu den Mitgründern des Codeks, des ersten großen Coworking-Angebots in Wuppertal. Seitdem sind einige Betreiber dazugekommen, jetzt noch Studio One. Wie viel Coworking verträgt eine Stadt?

Das muss man sehen. Der Markt, das Produkt, befinden sich gefühlt immer noch in den Kinderschuhen. Es ist zwar nicht mehr so wie vor ein paar Jahren, als man immer noch erklären musste, „Was ist Coworking?“, aber es ist auch noch kein Selbstläuferprodukt. Es geht jetzt darum, Coworking als echte Alternative zu etablieren. Der Markt wächst auf jeden Fall.

Also doch: Konkurrenz belebt das Geschäft?

Wir haben schon eine ähnliche Zielgruppe wie das Codeks. Das W-Tec mit dem Schwerpunkt auf Gründer und Utopiastadt sind da als Anbieter etwas anders aufgestellt. Aber wenn so ein Ökosystem funktioniert, kann das auch ein Weg für eine Coworking-Karriere sein. Man startet zum Beispiel als Gründer im W-Tec und später, wen man eigene Firmenräume hat, mietet man als Ergänzung zum Beispiel bei uns Konferenzräume.

Wo lohnt sich Coworking? Eher in den Metropolen und (mittel-)großen Städten oder zum Beispiel auch auf dem Land?

Was heißt „lohnt“? Am wirtschaftlichsten sind Coworking-Spaces auf jeden Fall in Metropolen zu betreiben, trotz hoher Mieten in zentralen Lagen. In (mittel-)großen Städten wie etwa Wuppertal mit viel Leerstand ist das Geschäft schwieriger zu kalkulieren. Das sind dann weitere Nutzungen der Gebäude notwendig. Kompliziert wird es auf dem Land. Aber auch da kann es für Menschen vor Ort trotzdem „lohnend“ sein, in Coworking zu investieren. Dann geht es auch darum, die Dorfcommunity wiederzubeleben in Art eines „Gemeindehauses“. Der Betreiber übernimmt dann andere Funktionen mit, fungiert zum Beispiel noch als Paketannahmestelle. Coworking ist dann vielmehr noch ein Treffpunkt im Städtchen. Nichtsdestotrotz kann es trotzdem ein Subventionsgeschäft bleiben. Aber vielleicht ist es dann für die Kommunen interessant, sich selbst zu beteiligen. Es gibt dafür auch spezielle Förderprogramme.

Was muss ein Konzept bieten, um am Markt erfolgreich zu sein, welche Trends existieren aktuell?

Die Mischung macht’s. Bei Coworking geht es nicht nur ums Bereitstellen von Tischen und Arbeitsplätzen. Das richtige Rezept ist wichtig, eine gute Community, Gruppen-Space, der Austausch einfach. Aus meiner Sicht ist zum Beispiel der Neumarkt ein Standortvorteil mit der guten Anbindung und dem „Drumherum“ wie Fitnessstudio oder viel Gastro. Auch das Angebot von „Virtual Offices“ gewinnt für Coworking-Anbieter an Bedeutung. Das heißt, ein Kunde hat seine Produktion ins Ausland verlegt, hat seine Firmenadresse aber bei uns und kann dann die Konferenzräume für Meetings nutzen.

Und was haben die Nutzerinnen und Nutzer sonst noch für Vorteile aus Coworking?

Es ist einfach spannend, wer da zusammenkommt, die Synergien. Der Austausch etwa durch Mittagspausen mit anderen führt dazu, dass gemeinsame Projekte angestoßen, aber auch dass Probleme zusammen gelöst werden, man sich gegenseitig aufbaut und unterstützt. Das hat nicht nur für die Nutzerinnen und Nutzer des Coworking-Space einen Mehrwert, sondern auch für Arbeitgeber, die ihre Angestellten dort hinschicken.

Sie sind Mitglied im Vorstand der German Coworking Federation, des Bundesverbandes. Haben Sie eine ungefähre Schätzung, wie viele Coworking-Anbieter und -plätze es bundesweit gibt?

Dazu existieren unterschiedliche Erhebungen. Es gibt große Ketten, die in verschiedenen Städten aktiv sind, aber auch viele lokale Anbieter. Wir schätzen, dass es bundesweit aktuell zwischen 1200 und 1500 Betreiber sind – davon gut 25 bis 30 Prozent in Berlin, das aufgrund seiner Internationalität schon auch die Hauptstadt des Coworking in Deutschland ist. 2024 werden über 5 Millionen Menschen in den dann über 40.000 Coworking Spaces weltweit arbeiten.

Und wie ist die Entwicklung?

Während der Corona-Pandemie gab es schon eine Delle, vor allem Meetingräume waren betroffen, die da nicht mehr gebraucht wurden. Seitdem hat sich das aber wieder relativiert. Die Nachfrage ist da, das merken wir auch im Studio One. Die Resonanz ist groß, wer zu uns kommt und mal guckt, bucht dann auch meist eins der Angebote.

Das Gespräch führte Manuel Praest

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