Start-up - Junge Perspektiven
Kurze und lange Videos, die berühren, sind die Spezialität der Wupperwerft. Der Inhaber Horst Wegener pendelt zwischen Berlin und Wuppertal.
Horst Wegener ist ein Selfmade-Mann. Sein Erfolg beruht auf seiner Fähigkeit, mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen. Schon während seiner Schulzeit drehte er mit dem Wuppertaler Medienprojekt erste Filme. Gleichzeitig begann er zu rappen – vor allem über seine Erfahrungen mit Rassismus. Seine Musik kam gut an; er sprach vielen Menschen mit Einwanderungsgeschichte aus der Seele und trat häufig bei Veranstaltungen auf. Der Musiker war noch keine 20 Jahre alt, als ihn ein großes Musiklabel unter Vertrag nahm. „Wir haben dann Geld bekommen, um ein Musikvideo drehen zu lassen. Da dachte ich: Das kann ich genauso gut selbst machen. Also habe ich eine eigene Firma gegründet“, erzählt der 27-Jährige. So entstand 2018 die Wupperwerft GmbH.
Sobald sein Musikvideo auf dem Markt war, gaben andere Musiker ebenfalls Musikvideos bei der Wupperwerft in Auftrag. „Dann ging das relativ schnell, dass auch Unternehmen auf uns zukamen“, erzählt Horst Wegener. Sein Vorteil: Er kennt das Lebensgefühl junger Leute, trifft sehr viele unterschiedlichen Menschen und extrahiert daraus ein Feeling, das er in seinen Filmen umsetzt. Damit kann er beispielsweise erfolgreiche Azubi-Kampagnen umsetzen oder Events bewerben. Doch auch bei einem Klassiker wie der Internationalen Tourismus-Börse ITB konnte er sich mit seinem Konzept für einen Imagefilm gegen mehrere Mitbewerber – große Agenturen – durchsetzen. „Wir lieben es, Geschichten zu erzählen“, sagt er schlicht. „Unsere Stärke ist das kreative Erzählen.“ Neben dem Hauptfilm werden selbstverständlich Social-Media-Clips mitproduziert.
Wichtigster Partner der Wupperwerft ist Fritz Kola, das ein Jahresbudget in die Studios investiert und musikalischen Talenten aus ganz Deutschland einen Studioaufenthalt inklusive Shooting in Wuppertal sponsert. Außerdem dreht die Wupperwerft Videos für Fritz Kola und organisiert große Events mit Musikern an verschiedenen Orten.
Möchte ein Unternehmen einen Film von der Wupperwerft, so erfragt Horst Wegener erst einmal das Ziel des Videos. Als nächstes veranstaltet er mit unterschiedlichen Personen aus dem Unternehmen ein Brainstorming. Auf dieser Grundlage entwickelt sein fünfköpfiges Team zwei bis drei Kurzkonzepte, von denen der Kunde eines auswählt. Dieses wird dann ausgearbeitet und mit erfahrenen Projektleitern, Kameraleuten und Tonmeistern umgesetzt. „Wir sind alle um die 30 Jahre alt und bieten eine junge Perspektive für die Unternehmen“, betont Horst Wegener.
Angesichts des Erfolgs der Wupperwerft brach Horst Wegener sein Filmstudium ab und widmete sich voll und ganz der Agentur und seiner Musiker-Karriere. Als Musiker lebt er in Berlin, hat dort engen Kontakt zu anderen Musikern und Filmschaffenden. 2024 war er zum letzten Mal als Horst Wegener auf Tour und arbeitet jetzt daran, eine neue Marke als „Jesué“ zu schaffen. „Das Image als Aktivist hat mich irgendwann belastet. Jetzt möchte ich andere Musik machen.“
Wuppertal ist seine Film-Heimat. In der Cotton Factory direkt an der Nordbahntrasse in Elberfeld hat er ein 220 Quadratmeter großes Studio eingerichtet. „Wuppertal ist der Hafen, in dem wir die Ideen schnüren und die Filme schneiden“, erklärt er. Das gut ausgestattete Ton- und Filmstudio bietet er auch zur Vermietung an – die Nachfrage reiche allerdings nicht für ein langfristiges Geschäftskonzept. Derzeit überlegt Horst Wegener, ob er überhaupt in Wuppertal bleiben oder seinen Firmensitz komplett nach Berlin verlagern möchte. „90 Prozent meines Umsatzes verdiene ich außerhalb der Stadtgrenzen.“ Ihm fehlt die Vernetzung in Wuppertal für kreative Zusammenarbeit und wirtschaftlich tragfähige Kooperationen. Er wünscht sich mehr Mut zu gemeinsamen, auch größeren Veranstaltungen, und mehr Willen, etwas zu bewegen.
Text: Tanja Heil