Wünsche an die Kommunalpolitik - Neue Mentalität nötig

Von den Kommunalwahlen erhofft sich IHK-Präsident Henner Pasch unter anderem eine bessere Zusammenarbeit der drei Städte und eine stärkere Orientierung der Verwaltungen an der Wirtschaft.

Im Herbst werden alle drei OB-Ämter neu besetzt. Welchen Chancen ergeben sich daraus?

Ich glaube, es braucht einen echten Politikwechsel – und damit meine ich explizit nicht Personen und Parteien. Die Mentalität und die Herangehensweise müssen sich dringend ändern. Denn Wirtschaft und Gesellschaft haben in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten einen so dramatischen Wandel durchlaufen, dass die „altbewährten Methoden“ von Politik und Verwaltung einfach nicht mehr passen. Ich bin jetzt Mitte 40, kann also grob die letzten 30 Jahre der Kommunalpolitik im Bergischen Städte­dreieck überblicken. Und nicht nur mein Eindruck ist: In dieser Zeit wurde vor allem der Mangel verwaltet. Jetzt haben wir alle – durch die Wahl neuer Kommunalparlamente und Stadtspitzen – die Chance für einen Neuanfang.

Sie fordern immer wieder, dass sich die Verwaltungen stärker an der Wirtschaft orientieren sollten …

Ich hoffe sehr, dass die neuen Verwaltungschefinnen oder -chefs sich diesen Wunsch der Wirtschaft zu Herzen nehmen. Dass öffentliche Verwaltungen „nun mal keine Unternehmen“ seien, ist ein Totschlagargument. Immerhin sprechen wir hier von großen Arbeit­gebern vor Ort und gewaltigen Budgets. Da sollten effizientes Arbeiten und Benchmarks zur Analyse und Vergleichbarkeit doch eigentlich selbstverständlich sein. Die Kennzahlen müssen regelmäßig und transparent auf den Tisch kommen.

Solingen stand zuletzt wegen der Absage an Reserveflächenentwicklung in der Kritik – vor allem von der IHK. Was genau erwarten Sie von der Stadt?

Ich erwarte, dass die getroffenen politischen Entschlüsse revidiert werden, weil sie aus unserer Sicht schlicht falsch sind. Solingen muss neue Gewerbeflächen entwickeln. Brachen, Bestandsflächen und Verdichtungsmaßnahmen reichen nicht aus. Und nicht nur für Solingen gilt: Wenn man Industriestandort bleiben will, an dem viele qualifizierte und gut bezahlte Fachkräfte für den Weltmarkt produzieren, geht es auf Dauer nicht ohne weitere Flächen.

In Wuppertal soll eine Mehrzweck­halle für den BHC gebaut werden. Allerdings geht dafür eine frühere Gewerbefläche verloren. Warum überwiegt aus Ihrer Sicht der Nutzen?

Zunächst einmal ist eine Mehrzweck­halle ja auch ein Gewerbe. Ja, der Flächenverbrauch ist recht hoch, aber es sollen ja auch viele Menschen zu den Bundesligaspielen nach Wuppertal kommen – also neue Kaufkraft. Hinzu kommen Messen und Konzerte. Natürlich muss das Konzept stimmig sein und sich wirtschaftlich tragen. Ist dies der Fall, wird die Halle ein Gewinn für die Stadt und die Region.

Wuppertal hat bereits viele Baustellen, die aktuell das Stadtbild und den Handel trüben – die aber langfristig Potenzial haben, der Stadt zu helfen. Beispiele sind der Fernwärme-Ausbau oder der leerstehende Kaufhof am Neumarkt. Wie ist Ihre Meinung dazu?

Die Projekte an sich sind zweifellos sinnvoll. Allerdings ist das Umsetzungstempo zu niedrig. Das führt zu Unmut, unter anderem beim Einzelhandel. Die großen Probleme bei der Verlegung von Fernwärmeleitungen durch archäologische Funde sind ja bekannt. Ich persönlich finde es schwierig, wenn dadurch wichtige Projekte stark verzögert werden, die der Allgemeinheit dienen.

Remscheid wartet auf das Outlet-Center, kämpft aber mit Problemen im Einzelhandel. Was müssen IHK und Stadt tun, um für positive Effekte durch das Outlet Center zu sorgen?

Wir müssen vor allem die potenziellen Chancen für den Einzelhandel nach vorne stellen. Das Outlet-Center soll ja Menschen anlocken, die ansonsten niemals nach Remscheid kommen würden. Ich selbst fahre mit meiner Familie immer mal wieder ins Outlet-Center nach Roermond. Wenn wir dort nicht fündig werden, shoppen wir in der Roermonder Innenstadt und besuchen dort auch Restaurants und Cafés. Und so agieren nicht nur wir, sondern Tausende von Besuchern. Die ansässige Gastronomie und der Einzelhandel haben sich darauf eingestellt. Das kann auch in Remscheid gelingen.

Zum Schluss ein Blick ins Jahr 2031: Die Buga kommt nach Wuppertal. Welche Chancen ergeben sich für die anderen beiden Städte und was müssen die drei Städte dafür gemeinsam bewegen?

Zugespitzt ließe sich formulieren, dass die Chancen für Solingen und Remscheid sogar besser sind als für Wuppertal, denn sie müssen die Kosten für Marketing etc. nicht tragen. Ich denke, dass das Städtedreieck insgesamt von diesem Großevent stark profitieren wird. Und hier liegt sicherlich auch eine weitere Chance zur verstärkten Zusammenarbeit in den nächsten fünf, sechs Jahren.

Das Gespräch führte Daniel Boss.

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