- Neuer Rückenwind?
Das Wachstumschancengesetz und das Investitions-Sofortprogramm sollten die Wirtschaft ankurbeln. Ganz gelungen ist das nicht. Unternehmen können trotzdem profitieren.
Kaum ein Gesetz der vergangenen Monate hat in der Unternehmenswelt für so viel Diskussion gesorgt wie das Wachstumschancengesetz (WCG). Ursprünglich als umfassendes Konjunkturpaket geplant, sollte es Investitionen fördern, steuerliche Entlastung bringen und neue Impulse für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft setzen. In der politischen Kommunikation war häufig von einem Investitionsbooster die Rede. Viele Unternehmen hatten auf konkrete finanzielle Anreize gehofft, etwa durch die angekündigte Klimaschutz-Investitionsprämie. Doch ausgerechnet dieser Teil wurde im
Insgesamt bleibt das Gesetz deutlich hinter den Erwartungen vieler Unternehmen zurück. Zwar wurden einzelne steuerliche Erleichterungen beschlossen. Doch von einem großen Befreiungsschlag für den Standort Deutschland kann keine Rede mehr sein. Der bürokratische Aufwand bleibt hoch, viele Regelungen wirken kleinteilig. Vertreter aus Wirtschaft und Verbänden äußern deutliche Kritik an den Bemühungen der Bundesregierung. Den Reformbedarf der deutschen Wirtschaft konnte das Maßnahmenpaket also nicht vollständig abdecken.
Dennoch bietet das Gesetz einige Maßnahmen, die für Unternehmerinnen und Unternehmer interessant sein können. Dazu zählen die neue Möglichkeit zur degressiven Abschreibung, erweiterte Regeln zur Verlustverrechnung, höhere Sonderabschreibungen für kleinere Betriebe sowie steuerliche Vorteile bei Investitionen in Technik und Ausstattung. In dieser Verlagsveröffentlichung beleuchten wir, welche Maßnahmen für unterschiedliche Unternehmen sinnvoll sein können, welche Fallstricke in der praktischen Umsetzung lauern und wie sich durch gezielte Planung konkrete wirtschaftliche Vorteile erzielen lassen.
Die degressive AfA (Absetzung für Abnutzung), eine schon bekannte Form der Abschreibung, erlebt 2025 eine Reaktivierung. Im Gegensatz zur linearen AfA, bei der die Anschaffungskosten gleichbleibend über die Nutzungsdauer verteilt werden, erlaubt die degressive Methode deutlich höhere Abschreibungen in den ersten Jahren. So sind künftig bis zu 30 Prozent des Buchwerts pro Jahr für Maschinen und Geschäftsausstattung möglich – vorbehaltlich eines Maximalbetrags – wodurch sich die steuerliche Belastung unmittelbar nach der Investition spürbar verringert.
Für elektrische Fahrzeuge, die nach dem 30. Juni 2025 und vor dem 1. Januar 2028 angeschafft werden, können sogar 75 Prozent im ersten Jahr abgeschrieben werden. Danach reduzieren sich die Abschreibungssätze auf 10 Prozent im darauffolgenden Jahr, 5 Prozent im dritten und vierten Jahr, 3 Prozent im fünften sowie 2 Prozent im sechsten Jahr. Die neue Abschreibungsregelung gilt nicht nur für Pkw, sondern auch für rein elektrisch betriebene Nutzfahrzeuge, Lkw und Busse.
Interessant ist die degressive AfA auch für Investitionen in Maschinen oder andere langlebige Ausrüstungen, bei denen ein hoher Anfangsabschreibungseffekt das unternehmensinterne Kapital stärkt. Ab 2028 wird es eine schrittweise Rückkehr zur linearen Abschreibung geben.
Wichtig für die Praxis: Im Zeitraum zwischen Januar und Juni 2025 greift keine degressive Abschreibung, sondern die reguläre lineare AfA. Wer also in dieser Übergangsphase investiert hat, muss die Anschaffungskosten gleichmäßig über die Nutzungsdauer verteilen. Anders sieht es vor 2025 aus: So konnten für Investitionen, die zwischen dem 1. Januar 2020 und dem 31. Dezember 2022 getätigt wurden, jährlich bis zu 25 Prozent des Buchwerts abgeschrieben werden. Für Investitionen vom 1. April bis zum 31. Dezember 2024 ermöglichte der Gesetzgeber eine degressive Abschreibung mit einem reduzierten Höchstsatz von 20 Prozent pro Jahr.
Unter dem Strich zeigt sich: Die Wiedereinführung der degressiven AfA bietet Unternehmen mit Investitionsvorhaben ab Mitte 2025 gute Möglichkeiten, durch gesteigerte Anfangsabsetzungen schnell in Liquidität zu kommen. Voraussetzung ist allerdings, dass Investitionsplanung, Buchhaltung und Steuerberatung exakt auf diesen Zeitraum abgestimmt werden.
Ein weiteres Element des Investitions-Sofortprogramms betrifft die steuerliche Behandlung von Elektro-Firmenwagen. Konkret wurde die Bruttolistenpreisgrenze für die besonders günstige Ein-Prozent-Regelung angepasst. Seit dem 1. Juli 2025 profitieren Unternehmen davon, dass der Schwellenwert für die sogenannte 0,25-Prozent-Regel von bisher 70.000 auf nun 100.000 Euro angehoben wurde. Das bedeutet: Elektrofahrzeuge, deren Bruttolistenpreis unter dieser Grenze liegt, werden bei der privaten Nutzung als Dienstwagen weiterhin mit nur einem Viertel des Listenpreises pro Monat versteuert. Liegt der Preis über 100.000 Euro, greift die 0,5-Prozent-Regelung. Für Plug-in-Hybride gelten weiterhin strengere Anforderungen an die elektrische Reichweite.
Diese Änderung ist vor allem für Unternehmen interessant, die besonders hochwertige Fahrzeuge als Teil ihres Fuhrparks einsetzen, etwa für Geschäftsführung oder Außendienst. Modelle aus dem oberen Preissegment, die bislang aufgrund der steuerlichen Belastung unattraktiv waren, rücken dadurch wieder in den Fokus. Auch für Leasingflotten ergeben sich neue Spielräume, insbesondere wenn die Fahrzeuge langfristig gehalten und gleichzeitig als Anreiz für Mitarbeitende eingesetzt werden. Die Regelung gilt bis Ende 2030 und bietet damit eine verlässliche Grundlage für mittelfristige Fuhrparkentscheidungen. Wer den Wechsel zur Elektromobilität ohnehin geplant hat, kann die steuerliche Entlastung gezielt einplanen.
Die Möglichkeit, Verluste steuerlich zu verrechnen, bietet Unternehmen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten einen wichtigen Hebel zur Stabilisierung. Bereits während der Corona-Pandemie hat der Gesetzgeber die Verlustverrechnung als Instrument genutzt und sukzessive erweitert. So wurde der Verlustrücktrag bereits 2020 von einem auf zwei Jahre ausgeweitet, später folgte eine Anhebung des Höchstbetrags auf 10 Millionen Euro (bzw. 20 Millionen bei Zusammenveranlagung). Im Rahmen des Wachstumschancengesetzes wurde die Regelung nun noch einmal gestärkt: Der Rücktrag ist künftig für drei Jahre möglich, was bedeutet, dass Verluste aus 2024 oder 2025 auch rückwirkend mit Gewinnen aus dem Jahr 2022 verrechnet werden können. Zudem entfällt bis Ende 2027 die sogenannte Mindestbesteuerung bei der Verrechnung mit zukünftigen Gewinnen.
Für Unternehmen mit schwankenden Erträgen entsteht dadurch ein Liquiditätsvorteil. Besonders attraktiv ist, dass sich der Rücktrag auch auf bereits geleistete Vorauszahlungen auswirkt. In der Praxis ist zwar eine Dokumentation aller steuerlich relevanten Vorgänge notwendig, doch wer gut vorbereitet ist, kann bilanzielle Verluste sehr konkret in spürbare Entlastung umwandeln. Die Weiterentwicklung der Verlustverrechnung ist somit keine neue Idee, sondern die konsequente Fortsetzung eines bereits bewährten Instruments.
Im Rahmen des Wachstumschancengesetzes wurden die steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten insbesondere für Betriebe mit bis zu 200.000 Euro Gewinn im Vorjahr verbessert. In erster Linie durch die Erweiterung der Sonderabschreibungen nach § 7g EStG. Der Investitionsabzugsbetrag, mit dem bis zu 50 Prozent der geplanten Anschaffungskosten für abnutzbare, bewegliche Wirtschaftsgüter bereits vor der Anschaffung steuerlich geltend gemacht werden können, bleibt erhalten. Gleichzeitig wurde die maximale Summe, die pro Betrieb angesetzt werden darf, auf 200.000 Euro erhöht. Besonders bedeutsam ist die Anhebung der anschließenden Sonderabschreibung im Jahr der Anschaffung selbst: Sie steigt von bislang 20 auf nun 40 Prozent der Nettoanschaffungskosten. Diese doppelte Entlastung – einmal vor und einmal während der Durchführung der Investition – macht die Regelung zu einem wirkungsvollen Instrument zur Liquiditätsplanung.
Für viele kleinere Betriebe eröffnet sich dadurch neuer Spielraum, geplante Investitionen steuerlich gestaffelt vorzubereiten und umzusetzen. Zugleich bleiben aber die bekannten Bedingungen bestehen: Wird die geplante Investition nicht innerhalb von drei Jahren realisiert, muss der zuvor geltend gemachte Investitionsabzugsbetrag inklusive Nachzahlung der Steuer und gegebenenfalls Verzinsung rückgängig gemacht werden. In der betrieblichen Praxis bedeutet das: Wer von der Regelung profitieren will, sollte seine Planungen gut dokumentieren und sich eng mit dem Steuerbüro abstimmen.
Bei den geringwertigen Wirtschaftsgütern (GWG) bleiben die bestehenden Grenzwerte stabil: Bis 800 Euro dürfen Anschaffungen sofort vollständig abgeschrieben werden, bis 1.000 Euro kann ein Sammelposten gebildet werden, der über fünf Jahre linear abgeschrieben wird. Diese Möglichkeiten wirken zwar kleinteilig, bieten aber in Summe wichtige Erleichterungen bei der steuerlichen Entlastung und Investitionssteuerung – zum Beispiel bei der Anschaffung von digitaler Technik, Büroausstattung oder Werkzeug. Wer hier systematisch vorgeht, kann auch mit vergleichsweise kleinen Beträgen steuerlich effizient haushalten.
Wie die neuen steuerlichen Maßnahmen konkret wirken können, zeigt sich anschaulich an einigen fiktiven Szenarien: Ein metallverarbeitender Betrieb plant etwa die Anschaffung einer CNC-Fräse im Wert von rund 220.000 Euro. Durch die Kombination aus Investitionsabzugsbetrag und erhöhter Sonderabschreibung könnte das Unternehmen seine Steuerlast im Jahr der Anschaffung spürbar senken. Gleichzeitig ermöglicht die degressive AfA eine schnellere Abschreibung, was die Liquidität zusätzlich stärkt.
Ein Maschinenbaubetrieb, der 2024 ein schwächeres Jahr erlebt hat, könnte unter den neuen Verlustverrechnungsregeln Verluste auf das wirtschaftlich starke Jahr 2022 zurücktragen und sich bereits gezahlte Steuern teilweise erstatten lassen. Diese Rückflüsse sichern wichtige Investitionsvorhaben, ohne dass neue Kredite aufgenommen werden müssen.
Auch ein IT-Dienstleister mit starkem Wachstum und hoher Investitionsdynamik profitiert: Durch gezielte Planung kann das Unternehmen die Sonderabschreibung für Servertechnik, Arbeitsplatzausstattung und digitale Infrastruktur nutzen. Gleichzeitig ermöglichen es die GWG-Grenzen, kleinere Anschaffungen sofort ohne komplizierte Abschreibungspläne steuerlich geltend zu machen.
Wer Investitionen und steuerliche Spielräume frühzeitig plant, kann durch kluge Vorbereitung echte Liquiditätsvorteile schaffen. Besonders wichtig ist es, die verschiedenen Förder- und Abschreibungsinstrumente aufeinander abzustimmen. So kann etwa die Kombination aus Investitionsabzugsbetrag und Sonderabschreibung sinnvoll genutzt werden, um zunächst die Steuerlast zu senken und dann mit planvoller Investition in Maschinen oder Digitalisierungstechnologie nachzuziehen. Für die degressive AfA gilt: Investitionen müssen exakt im vorgesehenen Zeitraum angestoßen werden, um in den Genuss der hohen Anfangsabschreibungen zu kommen. Unternehmen sollten deshalb bereits jetzt ihren Investitionskalender prüfen und mit dem Steuerberater durchrechnen, welche Maßnahmen sich in die neue Regelung „einpassen“ lassen.
Auch bei der erweiterten Verlustverrechnung ist Timing entscheidend. Wer 2024 oder 2025 mit einem negativen Betriebsergebnis rechnet, kann prüfen, ob sich durch Rücktrag in die Vorjahre bereits gezahlte Steuern zurückholen lassen – idealerweise abgestimmt mit Vorauszahlungsbescheiden und der Buchhaltung. Gleichzeitig lohnt es sich, parallel zur betrieblichen Investitionsplanung die notwendige Dokumentation frühzeitig anzustoßen.
2025 bringt für Unternehmen also trotz aller Kritik an dem Maßnahmenpaket ein ganzes Bündel an steuerlichen Stellschrauben. Fakt ist: Wer seine Investitionen gut plant, steuerlich durchrechnet und auf die relevanten Fristen achtet, kann spürbare Entlastung erzielen.
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