Akribische Restauration - mit Herz und Hand am Werk
Seit 34 Jahren ist Andreas Iglhaut Restaurator des Von der Heydt-Museums in Wuppertal. Der gebürtige Schwarzwälder weiß, was Kunstwerke brauchen.
Claude Monet, Franz Marc, Ernst Ludwig Kirchner, Otto Dix, Pablo Picasso … wird Ihnen nicht manchmal schwindlig, wenn Sie es mit den Werken großer Meister zu tun bekommen?
Klar, Respekt ist immer dabei. Aber im Grunde mache ich auch keinen Unterschied zwischen bekannteren Werken berühmter Künstler und denen vermeintlich unbekannterer Maler. Jedes Kunstwerk, das in unserem Museum ankommt, wird zunächst einmal auf Herz und Nieren geprüft und begutachtet. Genauso machen wir es mit Werken, die wir als Leihgabe an andere Museen verschicken.
Wie kommt man auf so einen ungewöhnlichen Beruf?
Im Grunde lag das bei mir irgendwie auf der Hand, dass ich etwas mit Kunst mache. In meinem Elternhaus in St. Blasien im Schwarzwald war Kunst immer Thema. In meinem Geburtsort kam es 1977 zu einem Brand im Benediktinerkloster. Barocke Deckenmalereien mussten in der Folge von Restauratoren wiederhergestellt werden. Diese Arbeiten durfte ich als 14-Jähriger hautnah miterleben. Das hat mich dann so nachhaltig beeindruckt, dass ich schließlich nach Abitur und Zivildienst nach München ging, wo ich in der Gemäldewerkstatt des Bayerischen Nationalmuseums im Team der Restauratoren mitarbeiten durfte. Ich besuchte Kurse und Vorträge, spezialisierte mich auf die Restaurierung von Gemälden.
Wie sieht Ihr Alltag aus?
So etwas wie einen „geregelten Arbeitstag“ gibt es bei uns eigentlich nicht. Jeder Tag ist anders. Grundsätzlich treiben wir gerade den Prozess der digitalen Erfassung aller Kunstwerke voran. Aber, wenn zum Beispiel ein Schaden gemeldet wird, kümmere ich mich sofort darum. Immer mal wieder müssen Rahmen repariert oder ersetzt, Bildoberflächen gesäubert und behutsam restauriert werden.
Was sind Ihre wichtigsten Arbeitsutensilien?
Unter anderem eine Staffelei, um Bilder so aufstellen zu können, dass man sie begutachten kann. Dazu benötige ich Lupen mit bis zu zehnfacher und Mikroskope mit bis zu 40facher Vergrößerung. Wir untersuchen sie mit feinen bis ganz feinen Pinseln, Wattestäbchen und destilliertem Wasser.
Und welche Fähigkeiten sollte man mitbringen, um Restaurator zu werden?
Nun, zunächst einmal wird ein profundes Wissen von Kunst und Kunstgeschichte vorausgesetzt. Dann sagt der Begriff Restaurator, der aus dem Lateinischen stammt und „Wiederhersteller“ bedeutet, dass es sich um einen handwerklichen Beruf handelt. Man muss also genau wissen, was man tut, wenn man sich den Kunstwerken annimmt. Geduld, Einfühlungsvermögen, Forschergeist sowie Gespür für Material und Oberflächen gehören auch dazu. Man ist so etwas wie ein Detektiv, der sich dem Geheimnis eines Bildes oder einer Skulptur Schritt für Schritt nähert.
Das Von der Heydt-Museum verfügt über rund 2.200 Gemälde, 30.000 Grafiken und 700 Skulpturen, wie behalten Sie da den Überblick?
Wir haben ein gutes Erfassungssystem … (lacht). Tatsächlich bin ich schon viel unterwegs zwischen den Depots, der Werkstatt und den Ausstellungsräumen. Jedes Detail jedes Exponats ist protokolliert. Und wir checken das noch mal final, sobald eines der Werke verliehen werden soll.
Das ist ein besonders spannender Teil Ihrer Arbeit, manches Kunstwerk haben Sie schon auf seinem Weg nach Übersee begleitet?!
Ja, stimmt, da ging es für mich bis nach New York und Tokio. Wenn die Gemälde einen gewissen Wert haben, entscheidet man sich in manchen Fällen dafür, sie persönlich im Ziel-Museum abzuliefern. Dabei geht es vor allem um die Übergabe, bei der jeder Millimeter etwa auf Risse oder Verschmutzung untersucht und das Ergebnis protokolliert wird.
Haben Sie einen Lieblingskünstler?
Als Restaurator hatte ich mich ursprünglich auf Gemälde spezialisiert. Heute gehören aber Skulpturen, Lichtinstallationen und Objekte ebenso zu meinem Aufgabengebiet. Das ist spannend, aber meine große Leidenschaft gehört nach wie vor den Bildern, vor allem von Edvard Munch. Fünf Gemälde und zahlreiche grafische Arbeiten von ihm gehören zum Bestand des Museums, das ist wirklich großartig.
Was gefällt Ihnen im Bergischen besonders gut?
Ich komme aus dem Hochschwarzwald, da bin ich froh, dass es hier auch Berge und Täler gibt. Schließlich wandere ich gern und bin auch viel mit dem Rad unterwegs. Genauso weiß ich die vielfältige Kulturlandschaft zu schätzen, inspiziere gern Museen in der Umgebung.
Was ist Ihr Geheimtipp im Bergischen?
Die Klappstuhl-Konzerte auf dem Hof des Kunstmuseums in Solingen. Unter hohen Bäumen finden dort seit einigen Jahren im Sommer einige Open Air-Konzerte statt. Entweder reserviert man einen Tisch im Restaurant Junkbrunnen und lässt sich bewirten oder man bringt einen eigenen Klappstuhl mit. Der Eintritt ist frei. Jedes Konzert ist anders, mal südamerikanische Melodien, gemischt mit Jazz, mal Blues oder House Musik. Mir kommt dieser Ort an diesen Abenden magisch vor.
Das Interview führte Liane Rapp.