Für bessere Vorbilder - Architektinnen sichtbar machen

Architektin Marina Kirrkamm ist Mitgründerin des GKM Architektur Studios und im Vorstand des Bundes Deutscher Architektinnen und Architekten für Wuppertal. Sie engagiert sich für Vielfalt in der Baubranche.

Sie arbeiten als Architektin in einem männlich geprägten Beruf und gehören seit fünf Jahren dem Vorstand des Bundes Deutscher Architektinnen und Architekten (BDA) in Wuppertal an. Wie kam es dazu?

In den BDA berufen wurde ich Ende 2019, nachdem wir den BDA-Preis für den Gaskessel gewonnen hatten. Damals war ich die einzige Frau im Wuppertaler BDA. Als ich gefragt wurde, ob ich mich im Vorstand engagieren möchte, war auch deshalb für mich vollkommen klar, dass ich das tun muss. Inzwischen sind zwei Frauen in der Wuppertaler BDA-Gruppe. Viel zu wenig, wie ich finde.

Warum gibt es so wenig selbstständige Architektinnen?

Im Architekturstudium gibt es gleich viele Männer wie Frauen. Vielleicht ist der Weg in die Selbstständigkeit für Frauen schwerer. Es gibt noch zu wenig Aufklärung und Unterstützung für den Schritt in die Selbstständigkeit, Vorbilder und Mentoring.

Sie selbst haben zwei Kinder und haben mit Marcello Groß und Daniel Mai das GKM Architektur Studio gegründet. Was sind Ihre Erfahrungen als selbstständige Architektin?

Alles ist eine Frage der Organisation und Arbeitsaufteilung, in der Partnerschaft wie auch beruflich – im Team. Bei GKM sind wir ein gutes Team und für mich stellte es deshalb nie ein Problem dar, auch mit Kindern in der Familie ein Büro zu führen.

Sie haben sich auch wissenschaftlich mit diesem Thema auseinandergesetzt.

Während meiner Zeit am Lehrstuhl für Baukonstruktion und Entwerfen an der Bergischen Universität im Fachbereich Architektur haben Prof. Anett Joppien, Christel Hornstein und ich das Buch „architektinnen profil.werk.leben“ veröffentlicht. Hier wurde untersucht, warum weibliche Studentinnen oftmals im Berufsleben auf der Strecke bleiben. Wir haben selbstständige Architektinnen zu ihrem Werdegang interviewt. Es ging darum, Frauen in der Architektur sichtbarer zu machen und zu zeigen, mit wel­chem Selbstverständnis Architektinnen ihren Beruf ausüben. Deshalb hat sich der BDA Wuppertal beim bundesweiten WIA-Festival („Women in Architecture“) beteiligt. Auf Plakaten haben wir auf dem Platz am Kolk Architektinnen aus NRW vorgestellt und im Rex-Kino themen­bezogene Filme gezeigt und eine Podiumsdiskussion geführt.

Haben Frauen einen anderen Blick auf Architektur?

Jeder Planende hat eine andere Architektursprache. Ich denke, es gibt kein Gebäude, in das man reingehen und sagen kann, das hat ein Mann oder eine Frau entworfen. Die Frage, die man sich stellen sollte, ist: Wer hat in den vergangenen Jahrzehnten die Stadt oder Architektur geplant und sollte man dafür zukünftig einen anderen Blick entwickeln?

Wo sehen Sie die aktuellen Herausforderungen für Architektinnen?

Die Herausforderungen sind in der Baubranche divers: Es gibt Probleme in den Lieferketten, Kostensteigerungen bei Rohstoffen, steigende Löhne bei geringerer Leistungsfähigkeit durch den Mangel an Fachpersonal. Ausschreibungen sind extrem langwierig. Investitionen werden doch nicht angegangen. Gleichzeitig wird zukünftig viel Wohnraum gebaut werden müssen. Diese Krisen sind hierfür nicht förderlich.

In Wuppertal spielen alte Bestandsbauten eine Rolle. Sie haben den Wuppertaler Gaskessel revitalisiert und in Langerfeld den Bunker zu Wohnraum umgestaltet. Was sind die Herausforderungen bei solchen Projekten?

Es ist sinnvoll, bestehende Immobilien zu revitalisieren und energetisch zu ertüchtigen und die vorhandene, ungenutzte Substanz in der Stadt zu nutzen. Die soziale Nachhaltigkeit ist hier wichtig: Gesellschaftliche Partizipation, soziale Interaktion und das Schaffen inklusiver Räume macht Stadt zukunftsfähig. Die Herausforderung ist es, Räume zu schaffen, die die Identität eines Ortes bewahren und gleichzeitig den Anforderungen der Zukunft gerecht werden. Da spielt oft auch ein politischer Gestaltungswille eine große Rolle.

Was für einen Einfluss hat der BDA dabei?

Der BDA steht für gute Baukultur, Engagement und Einsatz dafür. Mit dem BDA Wuppertal pflegen wir einen guten Kontakt zur Stadt Wuppertal und stehen mit unserer Expertise immer gern zur Verfügung. Der BDA Wuppertal hat die Qualitäts­offensive Innenstadt Elberfeld initiiert. Gemeinsam mit Experten, Akteuren und Bürgern haben wir Ideen für die Umgestaltung der Innenstadt entwickelt, für die dann Fördermittel akquiriert werden können. Auf Umsetzungen freuen wir uns.

Ist GKM auf alte Gebäude spezialisiert?

Wir planen und bauen im Bestand wie auch Neubauten. Witzigerweise erreichen uns oft Projekte, die speziell sind. Wo man so ein bisschen um die Ecke denken muss. Beim Bunker hatten wir einen tollen Bauherren, der Lust hatte, aus einer brach liegenden Insolvenzmasse heraus etwas Neues zu realisieren. Es ist schön zu sehen, wenn am Ende solche Projekte wunderbar funktionieren.

Das Gespräch führte Tanja Heil.

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