Digitale KI-Helfer - Chatbots erobern das Internet
Chatbots werden für Unternehmen immer wichtiger. Die Anwendungsmöglichkeiten der digitalen Helfer sind durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz äußerst vielfältig. Das bietet Chancen, sorgt aber auch für Herausforderungen.
Bei der Sparkasse Wuppertal ist es „Linda“, die den Kontakt zu Kundinnen und Kunden auch im digitalen Raum ermöglicht. Der Chatbot ging 2021 in Betrieb und ist seitdem rund um die Uhr erreichbar. Jetzt gibt es mit „Linda+“ eine konsequente Weiterentwicklung. „Damit wollen wir digitale Effizienz und persönliche Nähe verbinden“, erläutert Vorstandsvorsitzender Axel Jütz. Der seit Februar zur Verfügung stehende Chatbot sei intelligenter, engmaschig vernetzt und orientiere sich noch stärker an den Kundenanliegen. „Linda+ liefert schnelle, verlässliche Hilfe bei einfachen Fragen – auch außerhalb unserer Öffnungs- und Servicezeiten. Unsere Mitarbeitenden entlastet sie spürbar bei wiederkehrenden Standardanfragen, sodass mehr Zeit bleibt, individuell zu beraten“, so Axel Jütz. Als essenzieller Mehrwert soll „Linda+“ mit jeder Interaktion und jedem Feedback dazulernen. Das betreffe sowohl Quantität und Qualität der Inhalte als auch Kontext und Formulierungen. „Indem der Chatbot zunehmend in die Systeme der Sparkasse eingebunden wird, verbessert er sich laufend in seinen Funktionen“, erläutert Jütz.
„Linda+“ kann Antworten auf eindeutige Fragen geben. Je kürzer und präziser die Formulierung, desto besser die Chance auf eine passende Lösung. Um seine Antworten zu spezifizieren, ist der Chatbot in der Lage, an ihn gerichtete Anliegen in passende Kontexte zu setzen und gezielte Rückfragen zu stellen. „Linda+ kann Prozesse initiieren – beispielsweise Terminvereinbarungen, Kartensperrungen und Rückbuchungen –, und eine neue PIN für das Online-Banking anfordern. Auch eine kundenseitige Zustimmung zu den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Sparkasse kann der Chatbot abwickeln“, erklärt Axel Jütz. Die zwei häufigsten Themen bei „Linda+“ seien aktuell Auskünfte rund um Unterstützung beim Online-Banking, etwa Entsperrung oder Limit-Erhöhung, sowie Kontostand-Abfragen. Konkrete Grenzen der Chatbot-Kapazitäten ließen sich derzeit nur unzureichend darstellen, da das Projekt noch am Anfang stehe.
Die Sparkasse hat in die Entwicklung von „Linda+“ viel Arbeit investiert. „Von der ersten Konzeption bis zum heutigen Stand haben Spezialistinnen und Spezialisten vieler Bereiche zusammengewirkt. Sie haben sich eng ausgetauscht mit externen IT-Partnerunternehmen, Fachbereichen und unseren Kundenberaterinnen und -beratern, Anforderungen gesammelt, getestet und immer wieder angepasst“, berichtet Axel Jütz. Ziel sei nicht, den persönlichen Gesprächskontakt zu ersetzen, sondern diesen zu unterstützen und so eine hybride Kundenberatung zu ermöglichen. „Besonders wichtig ist uns die Qualität des Chatbots im laufenden Betrieb“, so der Vorstandsvorsitzende. Das Sparkassen-Team kümmere sich kontinuierlich darum, dass Inhalte, Abläufe und Antworten bei „Linda+“ aktuell, korrekt sowie nutzerorientiert blieben und so einen Mehrwert böten. „Der Chatbot ist keine Einmallösung, sondern ein lebendiger Teil der digitalen Beratung, die sich stetig weiterentwickelt“, betont Axel Jütz. Nur so könnten Mensch und Maschine dauerhaft auf einem hohen Niveau zusammenarbeiten. Derzeit werde bei der Sparkasse daran gearbeitet, dass „Linda+“ möglichst bald sprechen lernt. „Wir freuen uns auf den nächsten Meilenstein“, so Jütz.
Auch für die Firma Aweos ist die Sprachsteuerung ein wichtiger Faktor. Das Solinger Unternehmen entwickelt digitale Systeme, Software und KI-Automatisierungen. Chatbots gehören ebenfalls zum Portfolio. Auf der Aweos Internetseite begrüßt „Zeno“ die Nutzer. Der KI-Chatbot hilft insbesondere bei den angebotenen Dienstleistungen weiter und kann auch von Kunden eingesetzt werden. „Ziel ist, dass man die Website gar nicht mehr benutzen muss, sondern gezielt den Chatbot befragen kann“, erläutert Geschäftsführer Christos Papadopoulos. Über eine Sprachsteuerung werde das künftig noch komfortabler. Der IT-Experte verweist auf die großen Fortschritte, die es in den letzten Jahren beim Thema gab. „Chatbots waren früher sehr starre Systeme, die Kunden eher abgeschreckt haben“, erläutert Papadopoulos. Mittlerweile gebe es durch Anwendungen Künstlicher Intelligenz weitreichende Möglichkeiten.
„Der Chatbot lernt aus jedem Chatverlauf und wird dadurch kontinuierlich besser“, so der Geschäftsführer. Dadurch könnten die technischen Helfer zu wichtigen Assistenten und Beratern auch bei komplexen Vorgängen werden. Absehbar schreite die Entwicklung dabei immer schneller voran. „Wer heute einen KI-Chatbot benutzt und mit dem Ergebnis nicht zufrieden ist, kann kurze Zeit später bereits eine völlig andere Erfahrung machen“, sagt Christos Papadopoulos.
Der Schlüssel dafür liege in der rasanten Weiterentwicklung von Künstlicher Intelligenz. „Das wird in den kommenden Jahren die Arbeitswelt sehr stark verändern“, erklärt der 32-Jährige. Das KI-Potential sei bisher nur in Ansätzen ausgeschöpft. „Wir sind auf dem Weg zu einer Superintelligenz, die völlig neue Anwendungen erlaubt“, so Christos Papadopoulos. Schon jetzt könnten durch die Eingabe passender „Prompts“ gute Ergebnisse erzielt werden. Der Begriff leitet sich vom englischen Wort für Auffordern ab und ist das zentrale Kommunikationsmittel zwischen Mensch und KI. Dabei hat Qualität, Klarheit und Struktur der Eingabe direkten Einfluss auf die Qualität und Relevanz der KI-Ausgabe. Das Erstellen effektiver Prompts ist daher auch für Chatbots von entscheidender Bedeutung.
„Zeno“ wurde speziell dafür entwickelt, Unternehmen bei der Automatisierung ihrer Kundenkommunikation zu unterstützen. Der Chatbot kann schnell und ohne Programmierkenntnisse integriert und auf Basis des spezifischen Unternehmenswissens trainiert werden. Er ist rund um die Uhr verfügbar, was den Kundenservice entlastet. Dabei dient der Bot auch als Schnittstelle zur Weiterleitung der Nutzer an die richtigen Ansprechpersonen. „Alle Datenverarbeitungsprozesse sind zudem in Übereinstimmung mit den Datenschutzbestimmungen, was für Unternehmen besonders wichtig ist“, erläutert Christos Papadopoulos.
Dass beim Programmieren auch Aspekte wie Vielfalt und Diversität eine wichtige Rolle spielen, verdeutlicht das Chatbot-Projekt des Wuppertaler Start-ups Workstadt. Dieses bemüht sich seit 2021 um die Unterstützung von internationalen Fachkräften. Diese werden auch im Stadtgebiet dringend gebraucht, stoßen aber auf viele Hürden. Zu den alltäglichen Herausforderungen gehören Behördengänge, die Wohnungssuche oder Kinderbetreuung. „Wir sorgen im Auftrag von Unternehmen dafür, dass die angeworbenen Fachkräfte auch bleiben und sich hier wohlfühlen“, erläutert Geschäftsführerin Esther Königes. Da es bei der internationalen Ausrichtung von Wuppertal noch viel Luft nach oben gebe, sei das noch nicht selbstverständlich. „Wichtig ist eine gute Vernetzung und der Aufbau einer Community“, erläutert Geschäftsführer Ulrich Halstenbach.
Dabei soll auch der neue Chatbot mit dem Arbeitstitel „Uli“ helfen. „Dieser wird derzeit von unseren Kunden selbst entwickelt“, erläutert Esther Königes. Unterstützung gibt es dabei vom Solinger Softwareunternehmen Codecentric. „Die von uns betreuten Fachkräfte kommen oft selbst aus der IT-Branche und wissen aus eigener Erfahrung, worauf es ankommt“, so Königes. Diese Kombination biete viel Potenzial. „Uli“ soll helfen, die richtigen Antworten für die jeweilige Situation internationaler Menschen zu finden. In einfacher Sprache und basierend auf Community-Wissen, teilt der Chatbot Informationen, zeigt Lösungen auf und gibt kontextbezogene Tipps etwa bei Fragen rund um die Ausländerbehörde. Da diese in Wuppertal weiterhin chronisch überlastet ist, wäre ein entsprechend ausgerichteter Chatbot für alle Beteiligten eine große Erleichterung. „Wir würden die Behörde auch gern mittelfristig in das Projekt einbinden“, sagt Ulrich Halstenbach. Noch handelt es sich bei „Uli“ um einen Prototyp, an dem aber bereits fleißig getüftelt wird. „Es geht hier um Hilfe zur Selbsthilfe und wir haben die Absicht, den Chatbot soweit wie möglich öffentlich zugänglich zur Verfügung zu stellen“, erläutert Esther Königes. Bis zur Fertigstellung werde es noch etwas dauern.
Das Projekt biete auch die Chance, für das Thema „Bias“ (Voreingenommenheit) in der Künstlichen Intelligenz zu sensibilisieren. Auch die leistungsfähigste KI sei nicht frei von Vorurteilen. Diese könnten durch einseitige Trainingsdaten oder unbewusste menschliche Annahmen in die entsprechenden Algorithmen einfließen. Dadurch bestehe die Gefahr von diskriminierenden Entscheidungen oder verzerrten Prognosen. Auch hier soll „Uli“ durch Transparenz und regelmäßige Überprüfung von Datensätzen mit gutem Beispiel vorangehen. „Die Gestaltung einer verantwortungsbewussten KI im Spannungsfeld von Technik, Ethik und Recht ist natürlich eine enorme Herausforderung“, betont Esther Königes. Gleichzeitig biete die gemeinsame Arbeit am Chatbot aus ihrer Sicht für die Region eine gute Möglichkeit, den Standort für ausländische Fachkräfte attraktiver zu machen, da das Ansehen von Deutschland bei diesen zunehmend sinke.
Text: Eike Birkmeier