Ein Traum von einem Schloss - Mittelalter zum Anfassen
Die größte rekonstruierte Burganlage Nordrhein-Westfalens erstrahlt in neuem Glanz. Für rund 55 Millionen Euro erhielt Schloss Burg eine Rundum-Erneuerung. Anfang September fand die feierliche Wiedereröffnung statt.
„Die Wiedereröffnung von Schloss Burg ist ein bedeutender Meilenstein – als historisches Wahrzeichen zieht die Burg Besucherinnen und Besucher in großer Zahl an und stärkt nachhaltig den Tourismus und die regionale Wirtschaft“, sagt Stephan A. Vogelskamp, Geschäftsführer der Bergischen Struktur- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft (BSWG) und Vorstand des Bergisch Land Tourismus Marketing e. V. Als Tourismus- und Wirtschafts-Experte hegt er hohe Erwartungen an die Erstarkung des Standortes. Die Wiedereröffnung nach umfassender Sanierung sei auf jeden Fall ein „bedeutendes Ereignis für die Region“, betont auch Gregor Ahlmann, Direktor des Museums Schloss Burg. Er erlebte vor rund 13 Jahren, damals noch als Praktikant, die ersten Planungen für dieses Mega-Projekt mit.
„Natürlich war relativ schnell klar, dass die Maßnahmen dazu dienten, das Gesicht von Schloss Burg von Grund auf zu verändern“, ergänzt der studierte Historiker mit Schwerpunkt Mittelalterliche Geschichte. „Und so wurde auch schnell klar, dass der Besuch von Schloss Burg für einige Jahre um eine große Baustelle drum herum funktionieren muss.“ Dass es dann tatsächlich 13 Jahre dauerte, ist nicht nur den umfänglichen Arbeiten geschuldet, sondern auch unvorhergesehenen Verzögerungen aufgrund des ehemals schlechten Zustands der Gebäude sowie den Schwierigkeiten, die richtigen Fachleute für derartige Arbeiten zu finden.
Es sei quasi kein Stein auf dem anderen geblieben, hieß es allgemein. Das stimmt nicht ganz, erklärt Architekt Philipp Reinsdorf, der bei der Stadt Solingen als Abteilungsleiter die Sanierung von Schloss Burg verantwortet. Er betont, dass de facto aber ein spezialisierter Restaurator fast alle der in den mittelalterlichen Mauerbereichen verwendeten Grauwacke-Steine präpariert, ausgebessert und erhalten habe.
„Ein Traum vom Schloss“ lautet der offizielle Claim der Marketing-Kampagne, die weit über das Bergische Land hinaus Gäste auf das 110 Meter über der Wupper gelegene ehemalige Jagdschloss der Grafen von Berg bringen soll. Mit traumhaftem Wetter und rund 3.500 Besuchern gelang der Neustart Anfang September bravourös. Was die Besucher auf Schloss Burg nun erwartet? Zunächst einmal ein ganz anderer, noch interessanterer Rundgang. Der beginnt naturgemäß im Innenhof. Dann geht es in den Bergfried, in dem man sich zunächst einen Überblick über die entscheidenden Phasen der Burg verschafft, um dann Stockwerk für Stockwerk mehr und mehr über das Leben der Menschen im Mittelalter zu erfahren, adelige wie auch „Normalos“. Interaktive Stationen vermitteln einen Eindruck davon, was damals zu Essen auf den Tisch kam und wie Lebensmittel zum Beispiel mit Salz konserviert wurden, ebenso, wie die Lebensverhältnisse in Bezug auf Wohnen und Schlafen waren.
Weiter geht`s durch die Wehrgänge in den Palas, den eindrucksvollen Rittersaal mit neuer, historischer Farbgestaltung und liebevoll restaurierten Wandgemälden, zur Kapelle, Ahnengalerie und Kemenate. In den Gastronomieräumen gibt es ab Ende Oktober schon eine „Grundversorgung“ durch einen Caterer, zum Frühjahr 2026 hin wird der eigene Gastronomie-Betrieb aufgenommen, dann ist auch wieder die Terrasse geöffnet.
Mitte November soll die neue Ausstellung im Museum fertig sein. Noch werden dort Vitrinen aufgebaut und eingeräumt, Lichtsysteme installiert und Schilder mit Erklärungen angebracht. Aber Gregor Ahlmann ist sicher: „Das wird ein tolles Erlebnis für unsere Besucher. Anhand der Auswahl interessanter Exponate ist dann leicht verständlich, wie die Menschen hier in den letzten 800 Jahren gelebt haben.“
Schloss Burg … Schloss oder Burg? „Schloss“, antwortet Gregor Ahlmann spontan, schließlich wurde es von den Grafen, später Herzögen von Berg zunehmend als Jagdschloss genutzt, jedenfalls diente es niemals der konkreten Verteidigung. Bautypologisch sei es aber eine Burg, entgegnet Philipp Reinsdorf lächelnd, mit dem Hinweis auf die ursprünglichen Ausmaße der Anlage mit Ringmauer, Pallas und Bergfried. Beides scheint also legitim.
Besonders heben beide hervor, dass sie sehr dankbar seien für die hervorragenden Kooperationen mit den Fördergebern bei Land und Bund, und ebenso für die Spenden, die am Ende noch die Restaurierung der Fenster ermöglichten. Hierbei ging es um die Bleiverglasung, die komplett erneuert werden musste, wofür aber keine Gelder mehr vorhanden waren. Innerhalb von wenigen Wochen meldeten sich zwei Stiftungen sowie mehrere Privatpersonen, die jeder bis zu 74.000 Euro spendeten. So konnte auch dieses Projekt erfolgreich umgesetzt werden.
Text: Liane Rapp