Megathema Defense - Perspektiven für die Industrie
Wie bekommen KMUs Zugang zu einem stark wachsenden Markt? Darum ging es in einer kurzen, aber sehr informativen Podiumsrunde im Rahmen des Innovationskongresses NRW 2025.
Das Thema „Defense“ füllt die Hallen und Räume. Das wurde zuletzt wieder beim Innovationskongress NRW 2025 deutlich. In der Themenrunde 1 unter der Hauptüberschrift „Technologie“ ging es knackige 40 Minuten lang um „Perspektiven für die NRW-Industrie in der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie sowie der Luftfahrt“. Dazu fanden sich – direkt nach den Grußworten von Ministerpräsident Hendrik Wüst und Wirtschaftsstaatssekretärin Silke Krebs vor großer Runde – mehr als 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Raum „Lakeside“ des Euref-Campus in Düsseldorf ein. Das Interesse war so groß, dass viele Gäste stehen mussten – und dies auch klaglos akzeptierten.
Unter der Moderation von Stephan A. Vogelskamp, Geschäftsführer von „automotiveland.nrw e. V.“ und in Personalunion auch von der Bergischen Struktur- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft, nahmen vier ausgewiesene Experten zum Potenzial der Verteidigungswirtschaft Stellung. Dabei ging es auch und insbesondere um die Frage, ob sich das „neue Feld“ als Substitutionsmarkt für arg gebeutelte Branchen wie Automobilzulieferer eignet.
Den Anfang machte Dr. Timo Haas von der Rheinmetall AG, und damit von einem der größten und bekanntesten Systemanbieter im Rüstungsbereich. Anhand einiger exemplarischer Zahlen veranschaulichte er zunächst die „Zeitenwende“ für das Düsseldorfer Unternehmen: Vor dem russischen Überfall auf die Ukraine hatte man jährlich rund 70.000 Artilleriegranaten hergestellt – nun werde in Kürze die zehnfache Produktionsmenge erreicht. Fast analog verhält es sich laut Haas beim gepanzerten Radfahrzeug „Boxer“. In diesem Fall ist schon von einer Art „Serienproduktion“ die Rede. Ein derartiger Boom weckt naturgemäß das Interesse potenzieller Partner aus dem KMU-Bereich. „Doch wie können diese mit einem Konzern wie Rheinmetall in Kontakt treten?“ Das fragte Moderator Vogelskamp stellvertretend für sicherlich viele im Raum. Eine E-Mail an den Rheinmetall-Einkauf sei sicherlich „wenig erfolgversprechend“, so Haas. Er riet vielmehr dazu, die Branchenmessen zu besuchen, um dort Kontakte zu knüpfen.
Ähnlich äußerte sich Dr. Harald Cremer, Geschäftsführer des Landes-Cluster NMWP.NRW (NanoMikroWerkstoffePhotonik). Er verwies in regionaler Hinsicht unter anderem auf die Xponential Europe im kommenden März in Düsseldorf und die Euro Defence Expo im September 2026 in Essen. Entscheidend für mittelständische Unternehmen, die in den Defense-Bereich einsteigen wollen, ist seiner Aussage nach die Abstimmung zwischen den Bedürfnissen des Marktes und dem Geschäftskern des potenziellen Anbieters. Unterstützung soll die junge Plattform Defence.NRW leisten, auf der unter anderem KI.NRW, Digital.Sicher.NRW und „automotivland.nrw“ ihre Kompetenzen, Netzwerke und Ressourcen bündeln. Manches befindet sich zwar noch im Aufbau, aber Ansprechpartner für Informationen stehen bereit: „Nutzen Sie unser Kontaktformular, wir werden uns bei Ihnen melden“, so Cremers Versprechen an KMUs.
Ein Beispiel für die erfolgreiche Hinwendung zu neuen Betätigungsfeldern liefert die Mubea Unternehmensgruppe mit Hauptsitz in Attendorn. Traditionell bekannt als Spezialist für Automobilkomponenten, ist man seit einigen Jahren mit der Mubea Aviation GmbH auch im Luftfahrtbereich vertreten. „Wir können gut große Stückzahlen in einer zuverlässigen Qualität liefern“, so Dr. Marc Linus Fecher, Leiter im Bereich Verbundwerkstoffe bei der Mubea Aviation GmbH. Zwei bis drei Jahre habe es gedauert, um die ersten Teile in Serie für die klassische zivile Luftfahrt fertigen zu können. „Im Bereich Drohnen kann es deutlich schneller gehen“, betonte Fecher.
Was das Image von Unternehmen betrifft, die im Defense-Bereich aktiv sind oder es werden wollen, vertritt Dr. Andreas Groß eine klare Meinung. Nach Ansicht des geschäftsführenden Gesellschafters der Heinz Berger Maschinenfabrik GmbH & Co. KG in Wuppertal und IHK-Vizepräsidenten im Bergischen Städtedreieck gehört das Thema Verteidigungswirtschaft weder „in die Schmuddelecke“, noch ist es „en vogue“ – vielmehr sei es „etwas Demokratieverständliches“. Dies betonte Groß auf dem Düsseldorfer Podium.
Texte: Daniel Boss
Von vertikaler Landwirtschaft und Permakultur bis zu Reparatur- und Upcycling-Stationen: Das Fab Festival zeigte vielfältige Möglichkeiten.
Das Fab Festival 2025 hat vor einigen Wochen in Remscheid, Wuppertal und Solingen gezeigt, wie regionale Produktion und Kreislaufwirtschaft zur Versorgungssicherheit beitragen können. Drei Tage lang öffneten Werkstätten und Initiativen ihre Türen: von vertikaler Landwirtschaft und Permakultur bis zu Reparatur- und Upcycling-Stationen. Besucherinnen und Besucher kamen nicht nur aus der Region, sondern etwa aus Hamburg, der ersten deutschen FAB City.
Bereits am 9. Juli war das Bergische Städtedreieck bei der Konferenz Fab Czech in Prag offiziell zur Fab-Region ernannt worden – als erste in Nordrhein-Westfalen und nach Hamburg die zweite anerkannte Fab-Stätte in Deutschland. Damit steht die Region nun in einer Reihe Barcelona, Paris oder Boston, die das globale Netzwerk der Fab Cities prägen. Fab steht dabei für eine Abkürzung des englischen Fabulous / fabelhaft und Fabrication / Herstellung. Die Fab-Initiative fördert die regionale Kreislaufwirtschaft.
Eine zentrale Rolle spielt dabei das Open-Source-Prinzip: Baupläne und Daten sind frei zugänglich, sodass Produkte überall hergestellt werden können. Während der Pandemie entstanden so in offenen Werkstätten weltweit binnen Tagen Ersatzteile und Schutzvisiere – Beispiele dafür, wie globale Ideen lokal Krisen abfedern können.