Systemrelevant - 6,5 Tonnen Wäsche pro Stunde

In diesem Jahr feiert die Großwäscherei Voss ihr 100-jähriges Bestehen. Die Geschwister Melanie Voss-Franke und Miriam Paul leiten das Familienunternehmen in vierter Generation. Sie beschäftigen in Ronsdorf und Elberfeld rund 450 Mitarbeiter aus 47 Nationen.

Adele Voss und ihr Ehemann Richard eröffneten im September 1925 eine kleine Plätterei in ihrer eigenen Wohnung. „Die nasse Wäsche musste zum Trocknen auf den Speicher im fünften Stock getragen werden. Viele Arbeitsschritte waren mit harter körperlicher Arbeit verbunden“, erzählt Melanie Voss-Franke. Vor welchen Herausforderungen das Unternehmen bis zu seinem 100. Geburtstag stand und welche Erfolge es feiern konnte, sind in einer eigens herausgegebenen Chronik zusammengefasst.

Die Großwäscherei Voss hat nicht nur vier Währungen und den 2. Weltkrieg überstan­den. Nur vier Jahre nach Kriegsende zerstörte ein Sturm die Wäscherei. Das Unter­nehmen hatte zu dem Zeitpunkt bereits ein weiteres Grundstück an der Rheinstraße in Elberfeld erworben. Mit einem Neubau und nach einem sechsmonatigen Provisorium unter freiem Himmel startete auch die Expansion des Unternehmens: Auf Aufträge der Bundeswehr folgten Großkunden wie Altenheime und Krankenhäuser. „Auf Letztere haben wir uns ab Mitte der 1970er-Jahre spezialisiert“, so Voss-Franke.

Im Oktober 2007 stand der Standort an der Rheinstraße in Flammen. Maschinenpark, Verwaltung und Tonnen von Wäsche – aber keine Menschenleben – fielen Brandstiftung zum Opfer. „Doch unsere Kunden warteten auf ihre hygienisch einwandfreie Wäsche, die für sie ebenso wichtig ist wie Medikamente, Ärzte oder Pflegepersonal“, erklärt Miriam Paul. Innerhalb kürzester Zeit wurde der Wäschereibetrieb im Zweischichtsystem am zweiten Standort an der Viehhofstraße neu organisiert. „Alle Mit­ar­beiter halfen mit und zeigten eine über­wäl­tigende Loyalität, so dass wir fast unser gesamtes Auftragsvolumen aus eigener Kraft bewältigen konnten“, blickt Paul zurück. 15 Millionen Euro – so hoch war der Schaden.

Ein Neuanfang wurde notwen­dig, auch um das Unternehmen weiterzuentwickeln. Schon im Mai 2008 konnte ein Standort in Ronsdorf bezogen werden, wo das Unter­nehmen aktuell vier Tonnen Wäsche pro Stunde waschen kann. An beiden Standorten in Wuppertal werden täglich 90 Tonnen in zwei Schichten bearbeitet.

Mittlerweile sind etwa 70 Prozent des Volu­mens Mietwäsche, wie Voss-Franke erklärt: „Wir stellen attraktive und funk­tions­­gerechte Dienstkleidung für Pflegekräfte, Ärzte, Reinigungskräfte und andere Mitarbeiter von Kliniken und Altenheimen bereit.“

Wie systemrelevant der Betrieb ist, hat die Corona-Pandemie bewiesen. „Ohne die Dienste der Wäschereien können auch die Krankenhäuser nicht arbeiten“, stellt Melanie Voss-Franke fest. Doch das musste organisiert werden: Beschäftigte wurden regelmäßig getestet, erforderten Sondergenehmigungen. Die Pandemie war noch nicht bewältigt, da marschierten 2022 russische Truppen in die Ukraine ein. Die gestiegenen Strom- und Gaspreise stellten das Unternehmen vor eine existenzielle Krise. Doch die Kunden halfen, wie Paul betont: „Voss hat seine Kunden mit großem Engagement durch die Corona-Krise gebracht, das zahlte sich dann aus.“

Melanie Voss-Franke und Miriam Paul blicken zuversichtlich in die Zukunft – trotz Gesundheitsreform, Klinikschließungen und Arbeitskräftemangel – und investieren in Robotik, künstliche Intelligenz und vor allem in Nachhaltigkeit: So haben etwa 2012 installierte Filteranlagen den Frischwasserverbrauch um 25 Prozent gesenkt, modernisierte Maschinen steigern die Ener­gieeffizienz und mit dem „Grünen Knopf“, einem staatlichen Siegel für nachhaltige Textilien, werden im Hinblick auf die Mietkleidung hohe soziale und ökologische Anforderungen eingehalten.

Die beiden Schwestern betonen: „Das Unternehmen will mit der Ressource Natur so umgehen, dass auch Kinder und Kindeskinder noch lange etwas davon haben, sodass Voss auch in Zukunft, wie in den vergangenen 100 Jahren, individuelle Textillogistik in optimaler Qualität bereitstellen kann.“

Text: Martin Wosnitza

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