Fine Dining im Fabrikgebäude - Gehoben und regional
Esskultürk in Unterbarmen ist es gelungen, französische Haute Cuisine mit regionalen Produkten und mediterranem Flair zu fusionieren. Das Konzept beschert dem kleinen Restaurant eine Fan-Community, die auch schon mal zwei Wochen im Voraus reserviert.
In der Besenbruchstraße verweist ein kleiner Fachwerkanbau mit Schornstein auf die industrielle Vergangenheit des denkmalgeschützten Gebäudes. Seit November 2023 beheimaten die Räumlichkeiten der ehemaligen Flechterei das kleine, aber sehr beliebte Restaurant Esskultürk. „Wir sind echt stolz und glücklich, dass wir sofort so gut angenommen wurden“, blickt Volkan Aybir auf die Zeit zurück, als sein Bruder Hakan und er beschlossen, das leerstehende Gebäude zu mieten und eigenhändig auf Vordermann zu bringen. Seitdem begeistern sie ihre Gäste mit feiner Kulinarik und kreativen Interpretationen, aber auch gerne mal mit deutschen Klassikern wie Tafelspitz und Martinsgans. „Manchmal sind wir deutscher als die Deutschen selbst“, gestehen die beiden Ennepetaler, die sich in der türkischen und in der deutschen Kultur gleichermaßen wohl fühlen.
Hakan Aybir hat nie geplant, Koch zu werden. „Ich bin da so reingeglitten“, erzählt der 38-Jährige über seine Ausbildung in Hattingen und Berufserfahrungen, die er in Düsseldorf und auf Sylt sammelte. Anders sein Bruder Volkan, der sich strategisch vorausschauend für Restaurantfachmann entschied: „Das war schon immer klar, dass wir irgendwann mal etwas Eigenes machen wollen.“ Die beruflichen Stationen nach seiner Ausbildung in Witten führten ihn in die Schweiz und nach Österreich, nach St. Moritz und Berlin, in Michelin-Restaurants und auf Kreuzfahrtschiffe. „Wir haben bewusst Stationen gewählt, die uns weitergebracht haben“, erzählt der Gastwirt, den seine Zeit im legendären Berliner Hotel „Adlon“ besonders geprägt hat. Für die folgenden zehn Jahre ließen sich die Brüder in Köln nieder und hörten nicht auf, von einem eigenen Lokal zu träumen.
Wo auch immer die Aybirs auf Reisen gehen, entdecken sie das Beste, was ihr Gastland zu bieten hat – gerne mit Stern. Für „Esskultürk“ streben die beiden noch keinen Michelin-Stern an, da es dafür eines viel größeren Personalaufwands bedarf. Aber unter die Michelin-Empfehlungen aufgenommen zu werden, wünschen sie sich durchaus. „Wir werden keine Millionäre mit unserem Laden, aber wir wollen hier unsere Persönlichkeit reinstecken, unsere zwei Kulturen verbinden und das den Gästen nahebringen“, sagt Volkan zur Frage, ob Schnellimbiss nicht lukrativer sei. „Jedes Essen hat seine Berechtigung: auch eine Currywurst, auch ein Döner, auch ein Schnitzel“, ergänzt Hakan, „aber das muss schön, selbst, verbindlich gemacht sein. Wir mögen kein Essen von der Stange oder wenn Tüten aufgerissen werden. Das ist nicht unser Anspruch.“
Der Koch beginnt seinen Tag mit dem Einkauf regionaler Produkte, wie Kürbis oder Spargel, Rind, Lamm oder Fisch, die anschließend in die Wochenkarte integriert werden. Der kulturelle Mix seiner Küche sei zu 70 Prozent deutsch-französisch. Für die verbleibenden 30 Prozent sind türkische Gewürze und mediterrane Aromen zuständig. Ob sie in einen Dip, eine Kräuterbutter oder Gewürzpaste hineinspielen: „Vieles entsteht aus eigener Kreativität“, so Aybir. Die klassischen Techniken der Haute Cuisine unterrichtet er mittlerweile in einem hauseigenen Kochkurs.
Neben saisonal wechselnden Speisen und einer von Volkan kreierten Weinkarte gibt es zwei Bestseller, die immer hoch im Kurs stehen. Lammfleisch - aktuell mit Selleriepüree – und vegetarische Manti, die von der Mutter der beiden zubereitet werden. Trotz Gourmetreisen und Erfahrungen aus der Sternegastronomie bleibt sie für Volkan und Hakan Aybir nach wie vor die unangefochtene Nummer-eins-Köchin.
Text: Evgenia Gavrilova