Employer Branding - Starke Marke fürs Team

Unternehmen müssen nicht nur für ihre Produkte und Dienstleistungen werben, sondern auch um Mitarbeitende. Die Schaffung und Pflege einer Arbeitgebermarke ist auf-wen­dig, aber machbar und lohnenswert, wie Beispiele zeigen.

„Wir setzen auf echte Menschen und echte Momente.“ Das sagt Kira Bliss aus dem Personalwesen beim Materialfluss-Spezialisten BSS Bohnenberg, wenn sie auf das Thema Employer Branding angesprochen wird. So habe das Solinger Unternehmen beispielsweise vor einigen Monaten ein Sommerprogramm organisiert, bei dem es jeden Monat eine besondere Aktion in der Mittagspause gab – „vom Food-Truck über einen Eisstand bis hin zum gemeinsamen Grillen“. Kolleginnen und Kollegen haben für BSS „mit vollem Engagement und viel Spaß an einem Sponsorenlauf teilgenommen“, nennt Femke Ellerbroek, Marketing-Managerin bei BSS, einen weiteren Beleg dafür, „dass wir unsere Werte leben“.

Eine klare Unternehmensidentität ist aus Sicht von BSS die Grundlage jeder erfolgreichen Arbeitgebermarke: „Nur wer weiß, wofür er steht, kann auch die richtigen Menschen anziehen und langfristig binden“, betont Bliss. „Bei BSS ist die Identität geprägt von Technologiebegeisterung, Verlässlichkeit und Teamgeist. Wir verbinden Ingenieurskunst mit Innovationsfreude und einem familiären Miteinander. Diese Haltung spiegelt sich in allem wider – von der Art, wie wir Projekte angehen, bis hin zum täglichen Umgang miteinander.“

Die wichtigsten Kanäle zur Verbreitung der Botschaft nach außen und innen sind die Website und LinkedIn. Ellerbroek: „Dort geben wir regelmäßig Einblicke in unser Unternehmen, berichten über Projekte, Messen, Teamveranstaltungen, Aus­schreibungen oder neue Kolleginnen und Kollegen. Dabei legen wir Wert auf authen­tische Inhalte, die zeigen, wie wir bei BSS zusammenarbeiten und was uns als Team ausmacht.“

Employer Branding, also die Bildung und Pflege einer Arbeitgebermarke, ist ein strategischer Prozess der Identitätsentwicklung. In Zeiten des Fachkräftemangels, einer alternden Bevölkerung und eines wachsenden Wertewandels in der Arbeitswelt („Modern Work“) entscheidet eine starke Arbeitgebermarke zunehmend über Wohl und Wehe im „Kampf“ um Talente. Als Kernstück von Arbeitgebermarken-Strategien gilt das sogenannte Employer Value Proposition, das Werte- oder Nutzerversprechen: Warum lohnt es sich, in genau diesem Unternehmen zu arbeiten? Welche konkreten Vorteile oder Entwicklungsmöglichkeiten gibt es?

Die Authentizität und Konsistenz zu wahren, ist laut Ellerbroek die große Herausforderung: „Employer Branding funktioniert nur, wenn die Außenwahrnehmung mit der Realität im Unternehmen übereinstimmt. Das geschieht nicht über Nacht.“ Die größte Chance sehe man darin, die Unternehmenskultur erlebbar zu machen. „Dies gelingt durch persönliche Geschichten, Teamaktionen oder Einblicke hinter die Kulissen. Gerade für junge Talente ist es entscheidend, dass ein Unternehmen glaubwürdig ist und transparent agiert.“

In Deutschland haben 41 Prozent der Beschäftigten aktuell das Gefühl, dass ihre Leistung am Arbeitsplatz weder anerkannt noch wertgeschätzt wird. Das jedenfalls ist ein Ergebnis der Studie „Randstad Employer Brand Research 2025“. Die Folge: „Auf lange Sicht neigen unmotivierte Mitarbeitende dazu, ihre Stelle zu kündigen: 29 Prozent derjenigen, die sich als unmotiviert bezeichnen, haben in der Studie eine entsprechende Absicht geäußert“, heißt es von den Studien-Verantwortlichen. Erfolgreiches Employer Branding mit Wirkung nach innen und außen ist demnach mehr denn je gefragt.

„Employer Branding hat sich deutlich verändert in den vergangenen Jahren: Es ist professioneller geworden, und viele Unternehmen haben verstanden, dass es keinen Sinn ergibt, in der Kommunikation Dinge zu versprechen, die nicht eingehalten werden können“, sagt dann auch Joachim Beck von Beck und Consorten, Unternehmensberatung und Weiterbildungsanbieter in Wuppertal. „Wir haben durchaus den Eindruck, dass auch kleine und mittlere Unternehmen das Thema auf dem Schirm haben und sich bemühen, im Employer Branding authentisch zu bleiben.“

Das sei, so Beck, ein gewaltiger Fortschritt zu früheren Zeiten, in denen „gerne die Praktikantin aus dem Marketing oder der Praktikant aus dem HR-Bereich beauftragt wurde, sich Gedanken über Employer Branding zu machen“. Es gehe eben nicht nur darum, „irgendwelche schicken TikTok-Videos zu machen“. Branding – sprich: Markenführung – sei wesentlich umfangreicher und komplexer.

Doch der Aufwand kann sich lohnen, auch ohne sprunghaften Anstieg bei den Bewerbungen. „Der größte Nutzen im Employer Branding liegt nicht in der Gewinnung, sondern in der Bindung von Mitarbeitenden mit Potenzial“, betont Beck. Zwar habe ein Unternehmen, von dem die Mitarbeitenden positiv sprechen, auch gute Chancen, dadurch neue Kunden zu gewinnen. „Die wichtigste und wertvollste Ressource wird in den nächsten Jahren aber das Stammpersonal sein, das Lust hat, sich im Unternehmen weiterzuentwickeln.“

Die Bereitschaft dazu ist nach Ansicht des Marketing-Beraters unabhängig vom Alter: „Ich persönlich glaube nicht an diese Generationen-Diskussion. In allen Generationen gibt es unterschiedliche Milieus, die unterschiedlich leistungsbereit sind.“ Aus diesem Grund rät Beck auch davon ab, „bedingungslos die kolportierten Bedürfnisse der Generation Y und Z“ ins Employer Branding einzubeziehen. „Unternehmen sollten schon deutlich formulieren, welche Erwartungen sie an Mitarbeitende haben.“

Der digitale Zugang spielt zweifellos eine wichtige Rolle. Allerdings sollte – wenn es um Rekrutierung geht – die Bedeutung der analogen Kontaktaufnahme nicht unterschätzt werden. Darauf hat sich die Forum Your Brandbuilder GmbH spezialisiert. „Wir machen Marken physisch erlebbar – etwa durch individuell gestaltete Messestände, Showrooms oder interaktive Erlebnisräume“, sagt Gründer Michael Chrystal. „Dadurch wird ein Messestand zur Bühne, auf der die Unternehmenskultur sichtbar und emotional erfahrbar wird.“

Hier kommt der berühmte erste Eindruck ins Spiel. „Oft entscheidet sich innerhalb weniger Sekunden, ob eine emotionale Bindung zu einem Unternehmen entsteht oder nicht.“ Auf Messen oder Recruiting-Events werde dies besonders deutlich: „Ein professionell gestalteter Stand, klare Botschaften und authentisches Auftreten schaffen sofort Vertrauen und Interesse“, so Chrystal. Entscheidend sei die Konsistenz: „Was Bewerber oder Kunden auf Messen sehen, sollte sich in Kultur, Büro und Arbeitsalltag widerspiegeln.“ Farben, Materialien, Licht und Raumaufteilung transportieren nach Aussage des Profis subtile Signale über das Unternehmen und prägen das emotionale Erlebnis.

Das klingt nach großem Aufwand, finanziell und personell. Doch Chrystal ist es wichtig zu betonen, dass sich auch kleine Firmen mit geringem Budget und wenig Personalkapazität gut präsentieren können, ohne große Budgets oder viele Mitarbeitende. „Schon einfache Maßnahmen haben große Wirkung, etwa Einblicke hinter die Kulissen oder kleine Events, die die Marke erlebbar machen. Kreative Ideen und klare Botschaften sorgen dafür, dass auch kleine Inszenierungen maximalen Effekt erzielen. Vor allem Nähe und Persön­lichkeit können dort punkten, wo große Unternehmen vielleicht manchmal anonym wirken.“

Darauf setzt man auch beim Spezialkabel­werk Muckenhaupt & Nusselt in Wuppertal. „Wir pflegen ein familiäres, wertschätzendes Miteinander“, sagt Geschäftsführer Christian Muckenhaupt. „Vor allem gemein­same Erlebnisse schaffen Verbundenheit – etwa, wenn wir mehrmals im Jahr zusammen kochen oder gemeinsam eine Fahrradtour machen.“ Solche Momente sind für ihn „kein Beiwerk, sondern Kern unserer Kultur. Denn Menschen, die gerne zusammenarbeiten, bleiben gerne, wachsen gerne – und werden zu authentischen Botschaftern unseres Unternehmens.“

Der Erfolg scheint dem Unternehmen Recht zu geben: „Wir haben eine sehr geringe personelle Fluktuation. Viele unserer Mitarbeitenden arbeiten lange bei uns, und von diesem Wissen und der Konstanz leben wir.“ Vermehrt stellt das Unternehmen neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein, die sich aufgrund von Empfehlungen im Freundes- oder Familienkreis beworben haben.

Die gelebte Nähe endet nicht am Firmentor, sondern bezieht die gesamte Region mit ein. „Wir engagieren uns bewusst in unserer Stadt und Region, weil ein gutes Umfeld das Wohlbefinden der Menschen stärkt“, so Muckenhaupt. „Eine lange bestehende Schulpartnerschaft mit dem Gymnasium Bayreuther Straße, Projekte wie unser Kurs an der Junior-Uni oder die Zusammenarbeit mit der Stadtbibliothek sind für mich Ausdruck gelebter Zukunftsorientierung.“ Das Gleiche gelte für das Engagement in Institutionen wie IHK, VBU oder W-tec.

Der Unternehmer sieht Employer Branding nicht nur als Marketingprojekt oder im Personalbüro angesiedelt, sondern vor allem als Haltung: „Es beginnt nicht bei Hochglanzbroschüren, Recruiting-Kampagnen oder einem Obstkorb im Pausenraum, sondern damit, wie wir uns als Unternehmen verstehen und wie wir miteinander umgehen. Mir ist wichtig, dass wir uns so zeigen, wie wir wirklich sind – ehrlich, echt, glaubwürdig. Denn nur wenn wir authentisch auftreten, ziehen wir die Menschen an, die tatsächlich zu uns passen.“ In den vergangenen Jahren habe er gelernt, dass Employer Branding immer von innen wächst. „Fachliche Kompetenz ist zweifellos wichtig, doch entscheidend ist für mich, dass es menschlich stimmt. Wir suchen Persönlichkeiten, die unsere Werte teilen, Verantwortung übernehmen und gemeinsam an einem Strang ziehen.“

Wie man neben einer starken Produktmarke auch eine starke Arbeitgebermarke aufbaut, zeigt das Beispiel Knipex. „Die positive Wirkung unserer Produkte auf das Employer Branding ist ein großer Vorteil: Knipex steht als einer der größten Arbeitgeber in Wuppertal für Qualität, Nachhaltigkeit und Innovation und bietet als traditionsreiches Familienunternehmen sichere Arbeitsplätze“, so Tobias Pammer, Leiter Recruiting und Employer Branding.

Er selbst, in Ratingen aufgewachsen, kannte das Unternehmen vor seinem Einstieg noch nicht. „Anfangs dachte ich, ein Werkzeugunternehmen von 1882 sei vielleicht etwas verstaubt. Überzeugt wurde ich, da Knipex unter anderem internationale Vertriebsstrukturen, einen eigenen Sondermaschinenbau und hohe jährliche Investitionen in Fertigung und Entwicklung vorweisen kann.“ Zudem hätten ihn die Fertigungstiefe, die konsequente Ausrichtung auf Kundenbedürfnisse und die Standorttreue beeindruckt. „Diese Kombination macht Knipex besonders.“ Gleichwohl: „Der Wettbewerb um Talente bleibt eine Herausforderung, der wir uns stellen.“

Neben dem Bespielen von Online-Kanälen zeigt das Unternehmen auf Messen und bei anderen Veranstaltungen Präsenz. Kürzlich erst wurde das Messedesign überarbeitet. „Wir treten authentisch auf, ohne Stock-Bilder und mit Botschaften, hinter denen wir selbstbewusst stehen. So bewerben wir uns bei Kandidatinnen und Kandidaten mit dem Ziel einer langfristigen Zusammenarbeit.“ Unabhängig von der Lage am Arbeitsmarkt erwarten die Zielgruppen laut Pammer relevante Inhalte, die spezifisch informieren und im besten Fall den Impuls zur Bewerbung geben. „Die Aufmerksamkeitsspanne sinkt, auch bei Stellenanzeigen. „Dies erfordert Social-Media-fähigen Content – kurz, interaktiv und emotional.“

Bei Knipex passiere viel Berichtenswertes und das wolle man künftig noch sichtbarer machen. Bildaufnahmen und -bearbeitung rücken stärker in den Fokus. „Dafür prüfen wir auch den Einsatz von KI.“ Zwar bleibe das Bergische Städtedreieck aus logischen Gründen die wichtigste Region für die Suche nach neuen Mitarbeitenden. „Doch schon in den vergangenen fünf Jahren mussten wir den Suchradius darüber hinaus erweitern, um unseren Bedarf zu decken.“ Schon allein deshalb setze man zunehmend auf digitale Außendarstellung.

Text: Daniel Boss

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