Alltagshilfe an steilen Treppen - Mobilität ist alles

Ein kleiner Familienbetrieb im Osten Wuppertals hat sich mit Treppenliften eine Nische erschlossen. Der Geschäftsführer von Rehabitat Treppenlift GmbH & Co. KG Carsten Oberbeul ist mittlerweile zwischen Münster und Bonn unterwegs und auf Wachstumskurs.

„Ich verkaufe nichts Schönes. Ein Treppen­lift ist nicht schön, er ist einfach nur sinnvoll.“ Carsten Oberbeul verkauft seit 20 Jahren Treppenlifte und ist alles andere als ein typischer Handelsvertreter. Er trägt weder Anzug noch telefoniert er seinen Kunden hinterher. Dennoch steigt die Auftragslage von Jahr zu Jahr um sieben bis zehn Prozent. „Wir könnten noch mehr machen, aber auch bei uns gibt es Fachkräftemangel“, so Oberbeul. Im September kam der Unternehmer in die Medien, nachdem er der Elberfelder Kioskbetreiberin Marlies Lintener (94) einen Treppenlift spendierte. Es sei eine Bauchentscheidung gewesen: „Ich kläre die Leute darüber auf, was ihnen zusteht.“ Dank Pflegegrad konnte die Frau 4.180 Euro Zuschuss von der Pflegekasse erhalten, den Rest inklusive Einbau übernahm Oberbeul.

Mit 20 Jahren machte sich Carsten Oberbeul erstmals selbstständig – nach seiner Lehre als Werkzeugmechaniker im Bereich Stanz- und Umformtechnik bei Thyssenkrupp und parallel zum Wehrdienst bei der Flugabwehr in Wuppertal. Seine Mutter und er importierten Senioren-Scooter aus Taiwan, Korea und den USA und bauten ein bundesweites Netzwerk aus Handelsvertretern auf. Als die E-Scooter auch online bestellbar wurden, erhielt Carsten Oberbeul das Angebot eines Herstellers, an denselben Kundenkreis Treppenlifte zu vermitteln. 16 Treppenlifte waren es im ersten Jahr, 50 im zweiten und 100 im dritten. So entstand die Rehabitat Treppenlift GmbH & Co. KG.

Seine sechs Monteure, die täglich zwei bis drei Treppenlifte verbauen, lastet Oberbeul komplett aus. „In meinem Berufsfeld brauche ich technisch versierte Leute.“ Treppenliftmonteur als Ausbildungsberuf gibt es nicht, alle Mitarbeiter sind Quereinsteiger. Dementsprechend übersichtlich ist die Branche. Oberbeul fährt pro Tag etwa 500 Kilometer, um vier bis fünf kostenlose Erstberatungen zu geben. Erst nachdem die Pflegekasse den Zuschuss, den Rehabitat selbst beantragt, bewilligt, wird der Vertrag unterschrieben. Aber viele wollen den Lift am liebsten gleich, denn wenn ein Unfall passiert, brauchen sie ihn dringend. Solange muss eventuell das Wohnzimmersofa oder ein Pflegebett herhalten, weil der Patient die Treppe zu seinem Schlafzimmer nicht mehr hochkommt. Auch Fälle von Kindern mit Behinderungen oder querschnittsgelähmten Berufssportlern kennt Oberbeul: „Von 5 bis 103 Jahren haben wir alles. Manche Geschichten nehmen einen sehr mit.“

Ein Treppenlift ermöglicht es älteren Men­schen, so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden zu bleiben, und das lässt man sich kosten. Ein gerader Treppenlift mit gebrauchtem Stuhl fängt zwar schon ab etwa 3.500 Euro an, aber sobald eine Kurve dabei ist, kann es in den fünfstelligen Bereich gehen. Oberbeul und seine Mitarbeiter beraten: In manchen Fällen werden die Kosten komplett von Berufsgenossenschaften oder gar vom Arbeitsamt getragen. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau, die altersgerechtes Umbauen fördert, könne mit einem günstigen Darlehen oder einem Investitionszuschuss einspringen. Die Vermessung der Treppe erfolgt digital und KI-gestützt mittels Photogrammetrie. Entsprechend dem 3D-Modell fertigt das Werk die Schiene, an die die Fahreinheit gehängt wird. Ein Lift brauche etwa ein bis zwei Wochen.

Oberbeul und sein Team schrecken auch vor Herausforderungen nicht zurück: Ihre bisher längste Anlage zählte 91 Stufen und verlief an einem stei­nigen Hang im Sauerland entlang. „Wo ich hinkomme, kann ich einen Treppenlift verbauen“, lacht Oberbeul. Besonders freut sich der vierfache Vater schon auf die Zeit, wenn ihm sein 17-jähriger Sohn und seine 20-jährige Tochter zur Hand gehen. „Dann brauchen wir nochmal genau­so viele Monteure.“

Text: Evgenia Gavrilova

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