Grüner Zoo Wuppertal - Für die Natur begeistern
Seit über zehn Jahren leitet Dr. Arne Lawrenz als Direktor den „Grünen Zoo Wuppertal“. Im Mittelpunkt steht für ihn der Arten- und Naturschutz. In wenigen Jahren soll der Zoo auch CO2-neutral sein.
Name
Arne Lawrenz
Beruf
Tierarzt/Zoodirektor
Im Bergischen seit
1998, als ich als Tierarzt im Zoo anfing und von Berlin ins Bergische zog
Was hat Sie als Berliner an den Wuppertaler Zoo gebracht?
Ein wichtiges Kriterium war damals, sowohl für mich als auch die Führung hier, dass ich als Tierarzt zuvor anderthalb Jahre im Süden Afrikas das Leben und Verhalten der Schwarzfußkatzen im Zuge einer Feldforschung studiert hatte, und in Wuppertal das Zuchtbuch geführt wurde. Da konnte ich einsteigen und wertvolle Impulse liefern. So wurde ich Wuppertaler, wohne heute direkt um die Ecke vom Zoo.
Sie haben dann schnell den Namen „Grüner Zoo Wuppertal“ etabliert, warum?
Um deutlich zu machen, dass wir uns auf den Weg gemacht haben. Dass es uns mit der Transformation von einer Menagerie, in der man Tiere zur Schau stellt, hin zu einem Arten- und Naturschutzzentrum, ernst ist. Dafür konnten wir Kooperationspartner wie die Bergische Universität und das Wuppertal Institut gewinnen. Hier setzt auch das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz mit 4,4 Millionen Euro unterstützte Modellprojekt zur CO2-neutralen Energieversorgung an. Dabei soll ein Nahwärmenetz auf Basis erneuerbarer Quellen entstehen, das die dezentrale Versorgung mit fossilen Energieträgern ersetzt.
Die Kritik gegenüber Zoos lautet immer wieder, dass die Tiere grundlos gefangen gehalten werden.
Wir halten die Tiere nicht zum Spaß, sondern, um bedrohte Tiere vor dem Aussterben zu bewahren. Das Tierwohl steht bei uns immer an erster Stell. Klar, grundsätzlich würde ich mir wünschen, dass wir irgendwann keine Zoos mehr bräuchten. Wenn der Mensch im Einklang mit der Natur leben, nachhaltig mit den Ressourcen umgehen und der Natur zwei Drittel des Kontinents zur Verfügung stellen würde, dann bräuchte es vielleicht solche Institutionen wie einen Zoo nicht mehr. Aber da die Situation eine andere ist, benötigen wir das Wissen aus der Forschung von Zoos wie unserem, um etwa bedrohte Populationen zu erhalten. Die Frage ist doch: Wie können Menschen und Tiere gut zusammenleben? Man muss es leider coachen und managen. Sonst kann es daneben gehen.
Eines der nächsten großen Projekte ist der Aufbau einer „afrikanischen Savanne“, wie geht es da voran?
Seit Mai arbeitet in unserem Team ein Bauingenieur, der das zusammen mit einer noch zu findenden Firma umsetzen wird. Wir wissen ganz gut, was wir wollen – ein best practice-Beispiel, das dreimal so groß sein wird wie das jetzige Terrain. Vor allem die Elefantenherde wird davon profitieren, das ist uns sehr wichtig. Aber es stehen auch noch andere Projekte an in diesem Jahr, etwa dass die Seelöwen die Eisbären-Anlage mitbenutzen, eine Anlage für die Roten Pandas sowie eine neue, große Anlage für unsere Takins. Das ist eine Mischung zwischen einem Kampfstier und einer Gams, die Art stammt aus dem Himalaya, wo sie extremst bedroht ist. Mit Unmengen von Natursteinen konnte der natürliche Lebensraum in den Hochgebirgen nun besser nachempfinden werden. Langfristig wollen wir durch unsere Arbeit eine Wiederaufforstung eines natürlichen Lebensraumes und dann eine Wiederansiedlung von Takinen im ursprünglich angestammten Lebensraum erreichen.
Neben den „großen“ Tieren tun Sie auch viel für die weniger augenfälligen, heimischen Arten …
Ja, denn am Ende geht es ja um den Schutz von Ökosystemen, weil alles mit allem zusammenhängt. Uns geht es nicht um das letzte Sensations-Ding, sondern darum, dass wir Spezies erhalten, die einander bedingen. So konnten wir vor einiger Zeit etwa die Rückeroberung des Bergischen Landes durch den Uhu erleben, eine echte Erfolgsgeschichte, denn er war jahrzehntelang im Bergischen Land ausgestorben. Gerade widmen wir uns dem Feuersalamander. Im Grunde war er hier im Bergischen, vor allem am Lauf der Wupper, heimisch. Doch seit ein paar Jahren macht ihm massiv ein Amphibien-Hautpilz zu schaffen und die Tiere sind nun fast ausgestorben. Wir versuchen sie immun zu machen, vielleicht mithilfe von Bakterien oder einer Impfung, arbeiten auch mit neuen Technologien wie KI, um die letzten vielleicht schon immunen Tiere ihrer Art zu finden und nachhaltig zu vermehren. Wir wissen selbst, dass wir nicht die ganze Welt retten können. Aber wir versuchen es an einzelnen Beispielen – vor allem, wenn eine Spezies direkt vor unserer Nase droht zu verschwinden.
Mehr Tierwohl im Zoo, wie geht das?
Wir kämpfen dafür, natürliche Verhaltensmuster aufzuzeigen. Dazu gehört auch, dass wir uns von dem Schema F, dass wir zwei Vorstellungen am Tag haben und der Seelöwe am Ende winkt, verabschieden wollen. Ich möchte lieber zeigen, wie gigantisch schnell die schwimmen können. Das ist ein Spagat und daran arbeiten wir. Natürlich möchten wir die Besucher und Besucherinnen mit all unseren Tieren begeistern, um sie für den Naturschutz gewinnen. Das ist unsere Mission. Besucher zu Handelnden zu machen, im Sinne des Umweltschutzes. Deshalb legen wir auch viel Wert auf Umweltbildung. Und in dem Kontext bin ich auch ein bisschen stolz darauf, dass man vielleicht den Löwen ab und zu nur in der Ferne sieht. Weil er artgerechte Rückzugsmöglichkeiten von uns geboten bekommt.
Fleischfresser und der Kreislauf des Lebens – auch das ist ein Thema …
Ja, wir werden den Löwen nicht zum Vegetarier machen können … Ich will, dass meine Tiere so naturnah wie möglich leben und sich fortpflanzen können. Deshalb kastrieren wir hier kein Tier und geben selten Verhütungsmittel. Junge Tiere sind immer sehr niedlich. Aus diesem Grund wirft man uns fälschlicherweise vor, zu züchten, um mit den Tierbabys Besucher in den Zoo zu locken. Die Wahrheit ist aber, dass besonders zum natürlichen Leben die Fortpflanzung mit Jungtieraufzucht und das Leben im Sozialverband gehört. Diese gibt es aber nicht, wenn man sich die Tiere nicht fortpflanzen lässt. Da wir Zoos in der Regel viel besser sind als die Natur und bei uns viel mehr Tiere als in der Natur erwachsen werden, haben wir das Problem mit überzähligen Tieren, die wir nicht mehr für den Arterhalt benötigen. So gehört auch zur Wahrheit, dass wir überzählige Tiere verfüttern So geben wir dem natürlichen Kreislauf von Fressen und Gefressen-werden auch wieder etwas zurück. Für mich zählt die Qualität des Lebens mehr als die Länge eines Lebens. Deshalb ist das Verfüttern ganzer Tierkörper aus unserem Zoo, wo die Tiere ein gutes Leben hatten, für die Löwen und Co. in vielerlei Hinsicht viel besser als Wurst aus Massentierhaltung.
Wie kann man den Zoo bei seiner Arbeit unterstützen?
Zu uns kommen und sich begeistern lassen, Zusammenhänge und Natur besser verstehen, um nachhaltiger mit der eigenen Umwelt umzugehen. Aber es ist auch eine super Sache, Mitglied im Zoo-Verein zu werden. Das kostet für Einzelpersonen 20, für Firmen 40 Euro, und man kann sogar viermal im Jahr an einer Führung teilnehmen. Mit Großspenden können wir große Projekte vorantreiben und aktiv Arten- und Naturschutz finanziell überall auf der Welt unterstützen, auch dafür sind wir sehr, sehr dankbar. So konnte auch unsere begehbare Freiflughalle Aralandia verwirklicht werden – indem durch bürgerschaftliches Engagement 6,5 Millionen Euro zusammengekommen sind.
Was gefällt Ihnen besonders am Bergischen?
Die Wupper. Sie hat der Stadt Reichtum gebracht, wurde fast zerstört und konnte auch dank des Wupperverbandes wieder weitgehend renaturiert werden. So wurde ein einzigartiges Ökosystem geschaffen, für das ich diese Stadt liebe. Für mich ´ne mega coole Stadt, in der ich alt werden möchte.
Ihr Geheimtipp im Bergischen?
Das Waldgebiet unter und um die Müngstener Brücke, auch der Brückenpark. Da trifft auf ganz einzigartige Weise Technik auf Natur, das gefällt mir. Und, ja, Achtung, Werbung in eigener Sache: unsere Freiflughalle Aralandia. Dieses naturinklusive Design und das Gefühl, mittendrin zu sein in der Natur, ohne Barrieren, zusammen Aras, Sonnensittichen, Chile-Flamingos und einem Pudu, das ist alles, wofür der Zoo steht, und das finde ich begeisternd.
Das Gespräch führte Liane Rapp.