Mit dem Didgeridoo in der Welt unterwegs - Auf musikalischen Reisen

Marvin Dillmann spielt seit seiner Kindheit das Instrument der australischen Ureinwohner – und zwar so gut, dass ihn Bollywood-Sänger Arijit Singh für seine Band und Tour castete.

Name

Marvin Dillmann (40)

Beruf

Musiker – vor allem mit dem Didgeridoo.

Im Bergischen seit…

Ich bin hier geboren und ein echter Wuppertaler Jung.

Das Didgeridoo ist jetzt nicht wirklich ein typisch Bergisches Instrument. Wie kommt man dazu?

Meine Oma ist vor Jahrzehnten nach Australien ausgewandert. 1995 habe ich sie erstmals besucht. In Sydney habe ich dann bei einem Aborigine, der für Touristen auftrat, Didgeridoo gespielt – der Moment, als ich das erste Mal einen Ton aus diesem „Ding“ bekommen habe, hat mein Leben verändert. Natürlich hat mir meine Oma damals ein kleines Didgeridoo geschenkt, das ich mit nach Deutschland genommen habe. Die Familie des Musikers, der mir damals diese völlig neue Welt gezeigt hat, habe ich übrigens jetzt, als ich in Sydney war, zufällig wieder getroffen. Praktisch genau da, wo ich vor fast 30 Jahren stand, haben sie jetzt auch gespielt.

Was macht den Reiz aus? Oder anders gefragt: Warum nicht Klavier, Geige oder Trompete?

Das Didgeridoo hat mich von Beginn an fasziniert, genauso wie die Kultur der Aborigines. Ich hatte zu Hause vorher Gitarre, auch mal Keyboard ausprobiert. Aber die Art des Unterrichts hat mir einfach nicht gefallen. Mit dem Didgeridoo kann ich viel freier musizieren – wenn man erstmal die Zirkularatmung drauf hat. Ich gebe zu, damit hatte ich am Anfang meine Schwierigkeiten.

Hand aufs Herz: Hätten Sie, als Sie angefangen haben, gedacht, dass das einmal Ihr Job sein wird?

Ehrlich gesagt, habe ich mir schon an Kind vorgestellt, Musiker zu werden. Und als Teenager dann erst recht.

Jetzt touren Sie mit Arijit Singh, einem indischen Bollywood-Sänger, regelmäßig durch die Welt. Leben Sie Ihren Traum?

Ja, schon irgendwie. Als Kind war ich Elvis-Fan, habe mich selbst vor dem Spiegel interviewt. Man kann schon sagen, ich hatte einen gewissen Hang zur Bühne (lacht). Ich bin ja auch früh beim Schülerrock-Festival in Wuppertal aufgetreten.

Wie kam es zur Kooperation mit Singh? Das Didgeridoo ist ja auch nicht unbedingt typisch indisch…

2017 hatte ich in Deutschland ein Konzert mit einem bekannten Mantra-Sänger aus der Yogaszene gemacht – als Perkussionist, weil er das Didgeridoo gar nicht so mochte. In der Band war auch Max Clouth, ein deutscher Gitarrist, der viele Jahre schon in Indien lebte und arbeitete – unter anderem in einem Studio, wo Arijit Singh hin und wieder aufnahm. Als dessen Management einen Didgeridoo-Spieler suchte, empfahl Max mich dann. Man muss sagen, die Inder nehmen für die Musik von allem etwas – wie auch für ihr Curry. Es waren Musiker und Musikerinnen aus der ganzen Welt gecastet worden. Neben mir und meinem Didgeridoo war zum Beispiel zeitweise auch eine Dudelsack-Spielerin dabei und ein Akkordeon.

Arijit Singh ist in Indien ein Megastar. Kannten Sie ihn vorher?

Der Anruf mit der Einladung nach Indien kam aus heiterem Himmel – und dann musste ich sei-nen Namen erstmal googeln. Aber ich habe schnell gemerkt, der ist die Nummer eins in Indien und das ist meine Chance. Ich musste mich schnell entscheiden.

War das Casting hart?

(lacht) Es war vor allem ungewöhnlich. Wir waren die ersten Tage alle ab 12 Uhr mittags im Studio, nur Singh kam nicht. Wenn überhaupt erst spät abends. Schließlich haben wir die Probeaufnahmen dann auch nachts gemacht und tagsüber geschlafen – und offensichtlich habe ich ihn überzeugt, denn ich durfte bleiben. Es war wieder ein Schlüsselmoment, ein Zeitpunkt beim gemeinsamen Improvisieren, als ich dachte: Jetzt oder nie – und dann mit einem Didgeridoo-Solo voll eingestiegen bin.

Werden Sie auf der nächsten Tour wieder dabei sein? Es wäre ihre dritte mit ihm.

Stand jetzt ja. Im November soll es weitergehen. Aber bei so Stars weiß man ja nie …

Sie haben schon in der Wembley-Arena gespielt, in diesem Jahr zum Start der Cricket-Liga vor 120.000 Besuchern in einem indischen Stadion auf der Bühne gestanden. Finden Sie es manchmal schade, dass das hierzulande vermutlich kaum einer wahrnimmt?

Das hat Vor- und Nachteile. Aber ich genieße das eher. Dafür finde ich es einfach schön, die Möglichkeit zu haben, Einblicke in die indische Kultur zu bekommen – und das indische Essen, das meine Lebensgefährtin und ich lieben.

Dann andersherum gefragt: Fällt der „German guy“ mit dem Didgeridoo in Asien auf? Mussten Sie zum Beispiel schon mal einer indischen Zeitung ein Interview geben?

Nein, bisher nicht. Im Gegenteil, ich werde ja oft für einen Inder gehalten. Die Fans in Indien wollen gerne Bilder mit den westeuropäisch aussehenden Mitgliedern der Band – und fragen mich dann, ob ich das Foto machen kann.

Wie würden Sie deutschen Hörern den Musikstil von Arijit Singh beschreiben?

Offiziell ist Singh ein „Playback-Singer“, was aber auf Deutsch vielleicht etwas irreführend klingt. Es bedeutet, dass er die Lieder singt, zu denen in den Filmen dann die Schauspieler die Lippen bewegen. Musik spielt im indischen Kino eine sehr große Rolle – und Singh ist der erfolgreichste Interpret. Anders als über die Filme ist es für Sänger auch schwer, überhaupt wahrgenommen zu werden. Und was die Lieder angeht, mischt Singh ziemlich wild alle Genres – was man ja auch an der Instrumentenauswahl sieht und wo wir wieder beim Curry-Vergleich wären.

Wann gibt es denn mal ein „Heimspiel“, also wann tritt Arijit Singh in Deutschland auf?

In der „Nähe“, in Rotterdam waren wir ja schon zwei Mal, wer weiß, vielleicht wird es ja mal Deutschland. (lacht) Das muss ich dann wohl mal anstoßen. Die indische Community ist auf jeden Fall groß genug. Für ein Konzert von Singh würden die Fans sicher auch aus München zum Beispiel nach Wuppertal kommen.

Sie reisen viel und gern. Was hat die Corona-Pause für Sie bedeutet? Einmal als Musiker, also für den Job, aber auch Mensch?

Die Tour, die wir in diesem Jahr abgeschlossen haben, hatte eigentlich 2020 begonnen – dann kam aber Corona. Am Anfang fand ich so eine Auszeit gar nicht schlecht, ich habe zum Beispiel an meiner eigenen Musik gearbeitet. Aber dann hat diese Zwangspause gar kein Ende mehr gefunden. Der monatelange Lockdown, ohne Konzerte, ohne Veranstaltungen, war schon eine sehr fordernde Zeit. Man wusste nicht, wie geht es weiter. Gerade, nicht reisen zu können, hat wirklich auf die Stimmung geschlagen. Wir waren so froh, als es wieder losging.

Wenn Sie oft unterwegs sind, was vermissen Sie an Ihrer Heimatstadt?

Das Essen jedenfalls nicht. (lacht) Aber auf jeden Fall den Laurentiusplatz, wo ich oft und gerne sitze, und das Luisenviertel, wo ich seit Jahren wohne.

Wie würden Sie Arijit Singh Wuppertal in einem Satz beschreiben?

Wuppertal ist vielschichtig und besonders – vielleicht durch die sozialen Verwerfungen manchmal rau, aber dadurch auch einfach ehrlich.

Was gefällt Ihnen im Bergischen besonders gut?

Die Natur, ganz klar. Wir wandern gerne und da gibt es hier so viele schöne Wege.

Was ist Ihr Geheimtipp im Bergischen?

Okay, das ist jetzt vielleicht nicht wirklich ein Geheimtipp, aber wir lieben die Königshöhe – und eingekehrt wird dann im Landhauscafé Honigstal.

Das Gespräch führte Manuel Praest.

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